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Abschied: Ausstellung ist Gösers letztes Werk

Kressbronn / Lesedauer: 3 min

Eröffnung am Sonntag - Kulturbeauftragter zeigt drei Wochen lang Afghanistan
Veröffentlicht:05.01.2011, 17:10

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In seiner Brust schlagen drei Herzen: eins für Kressbronn, eins für die Kultur und eben eins für Afghanistan . Über zehn Jahre hat Dr. Lorenz Göser, Kressbronns Kulturbeauftragter, insgesamt in dem fernen Land gelebt, dass er nun in seiner Ausstellung in vielen verschiedenen Facetten zeigt.

„Ich hatte das Glück, das Land vor und nach dem Krieg kennenzulernen – denn das alte Afghanistan gibt es nicht mehr“, sagt Göser und schaut auf die Fotos von Herbert Maeder aus den 60er und 70er Jahren, die das Herzstück der Afghanistan-Ausstellung in der Kressbronner Lände bilden. Der jahrelange Krieg hat seine Spuren hinterlassen – und die kennt Göser durch seine Einsätze für verschiedene Hilfsorganisationen nur zu gut. „Zum ersten Mal war ich mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) von 1975 bis 1977 in Afghanistan – das war zu Anfang eine ganz starke Auseinandersetzung für mich und ich hab überlegt, wieder heim zu fahren“, berichtet Göser über seine Anfangszeit.

Doch weil er zu den Afghanischen Kollegen sehr früh sehr guten Kontakt hat, freundet er sich auch mit den immensen Unterschieden zwischen den beiden Kulturen an. „Zeit hat in dem Land einfach eine andere Dimension und es gibt Dinge – viel einfachere als bei uns – die Glück und Zufriedenheit bieten.“ Das zeigen auch die Porträtfotos von Karla Schefter aus dem Chak-e-Wardak Hospital 60 Kilometer westlich von Karbul: Trotz des Leids, das die Menschen erlebt haben, gibt es immer wieder Glücksmomente mit strahlenden Gesichtern, die Schefter mit ihrer Kamera eingefangen hat.

Lehrerberuf aufgegeben

Ernste und besinnliche Seiten kommen dagegen bei dem gelernten Lehrer aus Kressbronn während seines ersten Aufenthalts zum Vorschein. „Die Kargheit des Lebens dort hat mich bei meinem ersten Aufenthalt geprägt, so dass ich schließlich meinen Lehrerberuf an den Nagel gehängt habe, um in Afghanistan helfen zu können“, erzählt Göser. Nach seiner Doktorarbeit „Lernprozess eines Entwicklungshelfers am Hindukusch“ sowie Promotion und Staatsexamen verbringt Lorenz Göser dann seine längste Zeit - acht Jahre- mit seiner Familie in der neuen Heimat. „Ich war als ,Mann vor Ort‘ für die Flüchtlingshilfe von HELP in Peschawar und als Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in Islamabad und habe unter anderem in den riesigen Flüchtlingslagern geholfen“, erinnert sich Göser an diese bewegende Zeit.

Als seine Töchter schließlich eingeschult werden, kehrt er mit seiner Familie zurück nach Kressbronn. Doch arbeitssuchend in den eigenen vier Wänden zu sitzen, ist nicht Gösers Ding. Durch das Gefühl, dort unten mehr gebraucht zu werden, fliegt er 1996/97 – unter der Talibanherrschaft - zurück nach Afghanistan, um ein von ihm entwickeltes Wiederaufbauprogramm in ostafghanischen Dörfern erfolgreich umzusetzen. „Mich hat das alte Afghanistan nicht mehr losgelassen – heute herrscht durch den ganzen Einbruch des Westens eine enorme Perspektivlosigkeit. Ich möchte mit meiner Ausstellung die vielen Gesichter, die vielen Facetten und die Gegensätze Afghanistans deutlich machen, warum sich die einen so an den einzigen Hafen, ihre Religion, klammern und die anderen sich dagegen ein modernes Land wünschen“, so Göser.

In Pension, nicht in Rente

Auch wenn seine Zeit als Kulturbeauftragter im Februar endet – seine drei Herzen in der Brust schlagen weiter: „Ich gehe in Pension – nicht in Rente. Ich bleibe Kressbronner – dazu muss ich nicht bei der Gemeinde angestellt sein. Und auch die Kultur bleibt mir durch Ausstellungs- und Konzertbesuche erhalten. Und nach Afghanistan reise ich gleich im Frühjahr - meine Tochter hat dort ein Stipendium bekommen“, sagt Göser und schmunzelt zufrieden.