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Der Zirkus mit dem Zirkus

Markdorf / Lesedauer: 3 min

Circus Luna gastiert in Überlingen – Tierschützer aus der Region und Peta werfen ihm falsche Tierhaltung vor
Veröffentlicht:08.03.2012, 11:45

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Wenn morgen der Circus Luna in Überlingen seine Tore öffnet, wird es nicht nur lachende Gesichter geben. Seit Jahren steht der Zirkus aus Bad Waldsee im Fokus der Tierschutzorganisation Peta . Der Vorwurf: Die Haltung der Tiere entspreche nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen, besonders der für die Elefantendame namens Benjamin angelegte Platz sei viel zu klein und nicht einmal mit „so grundlegenden Sachen wie einer Scheuerstelle“ ausgestattet, so Peter Höffken, Wildtierexperte von Peta. „Als der Zirkus letztens in Singen gastiert hat, war eine Aktivistin fünf Mal dort und hat sich umgesehen“, erzählt er. Das Stallzelt des Elefanten sei nur halb so groß gewesen wie eigentlich nötig. Auch habe es kein Außengehege für den Bären gegeben. Erst nach mehreren Gesprächen mit dem zuständigen Veterinäramt in Konstanz habe das Amt dem Zirkus zumindest die Auflage erteilt, für Benjamin ein größeres Stallzelt und eine Scheuermöglichkeit zu besorgen. „Bei einer Rückkehr in den Landkreis Konstanz wird dies auch auf jeden Fall geprüft“, teilt die Pressestelle des Landratsamts Konstanz mit.

Für Peta zu wenig: „Die Veterinärämter drücken immer beide Augen zu“, so Höffken. Elefantendame Benjamin wiederum zeige mittlerweile eine typische Verhaltensstörung, sie „webe“, werfe den Kopf hin und her, ein Zeichen, das bei Elefanten in Gefangenschaft weit verbreitet sei. Auf ihrer Homepage hat die Tierschutzorganisation eine „Luna-Chronik“ erstellt, die Vorfälle im Zirkus beschreibt. Viele hängen mit Benjamin zusammen – ein Angriff auf einen Familienvater und seinen neun Monate alten Sohn bei einer Betriebsfeier, eine Flucht über Bahngleise.

Strafanzeige gestellt

Nun habe Peta Strafanzeige gegen den Zirkus gestellt, sagt Peter Höffken. „Davon haben wir noch nichts gehört“, sagt Zirkussprecherin Alexandra Finckh . Die Gerüchte über eine Strafanzeige kursierten bereits seit einem halben Jahr, doch der Zirkus habe bislang noch keine Nachricht von der Staatsanwaltschaft bekommen. „Gäbe es eine Strafanzeige, wäre auch sofort das Veterinäramt bei uns“, sagt Finckh. Auch die Vorwürfe von Peta, „übrigens eine sehr umstrittene Organisation“, wie die Sprecherin betont, seien nicht haltbar: Der Vorfall bei der Betriebsfeier sei ein Unfall gewesen, den der Familienvater selbst provoziert habe; auch geflüchtet sei Benjamin noch nie. „Wir richten uns stark nach den gesetzlichen Zirkusleitlinien“, betont die Zirkussprecherin. „Unsere Grundeinstellung ist: erst das Tier, dann der Mensch.“ Mittlerweile reicht es dem Zirkus mit dem Zirkus: „Wir werden eine Unterlassungsklage veranlassen“, so Finckh, der Zirkus habe bereits mit Anwälten gesprochen. „Man kann uns nicht behandeln wie Verbrecher, denn wir tun nichts Schlechtes.“ Peta beschuldige den Zirkus schon lange, habe aber noch nie das Gespräch mit ihm gesucht, erzählt Alexandra Finkh. Gerne lade der Circus Luna jeden ein, vorbeizukommen und sich selbst ein Bild von der Situation zu machen.

„Die Leute sensibilisieren“

Das haben auch der Markdorfer und der Überlinger Tierschutzverein vor. Ihnen geht es aber nicht allein um den Circus Luna: „Wir wollen an diesem Beispiel die Leute für das Thema Tierschutz sensibilisieren“, so Annemarie Hendricks, Vorsitzende des Markdorfer Tierschutzvereins. Auch das Veterinäramt Bodenseekreis sei benachrichtigt – das bestätigt auch Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamts, auf Anfrage. Auch er weist darauf hin, dass Peta durch „sehr radikale Aktionen“ auf sich aufmerksam mache. Das Veterinäramt in Konstanz habe verlauten lassen, dass es im Zirkus keine gravierenden Probleme gebe. Die Tierschützer aus der Region wollen sich dennoch ein eigenes Bild davon machen, vielleicht Fotos schießen. „Mehr können wir nicht tun“, sagt Wilma Jegler, Vorsitzende des Überlinger Vereins. „Aber wenn wir sehen, dass es den Tieren schlecht geht, sprechen wir die Zirkusleute auch mal direkt an.“