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Psychotherapiewoche

Verena Kast zieht positive Bilanz der Lindauer Psychotherapiewochen

Lindau / Lesedauer: 3 min

Tagung hat in diesem Jahr fast 4000 Besucher angezogen – Nächstes Jahr geht es unter anderem ums „gute Leben“
Veröffentlicht:21.04.2014, 13:50

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Schon die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 1980 Teilnehmer zählte die erste Woche der 64. Lindauer Psychotherapiewochen mit dem Thema „Zeit“, in der zweiten Woche waren es 2150 Teilnehmer, die sich mit dem Begriff des Schicksals befassen wollten. 250 Psychotherapeuten belegten sogar beide Wochen. Die öffentlichen Vorträge waren extrem gut besucht. Kein Wunder, dass Verena Kast, Mitglied der wissenschaftlichen Leitung, höchst fröhlich blickt. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt sie.

„Die zweite Woche war total voll, obwohl wir schon früh gemeldet haben, dass wir voll sind, haben sich immer noch Teilnehmer gemeldet.“ In 400 Fällen nahmen die Abgewiesenen an der ersten Woche teil. Auch dies für Kast und ihre Kollegen Manfred Cierpka und Rolf Hennigsen ein Indiz, dass die Themen angekommen sind. Dabei schielen sie nicht nur nach den Teilnehmerzahlen, sondern verlassen sich vor allem auf die Rückmeldungen der Teilnehmer. „Das Feedback war sehr gut“, so Kast. „Es ist immer wieder wunderbar, wenn etwas, was zuvor nur auf dem Papier existiert, dann so mit Leben gefüllt ist.“

Leben, für das auch die Referenten sorgen. Wobei mit dem Kurator der Matisse-Ausstellung, Roland Doschka, die ohnehin enge Verbindung zu Lindau noch durch ein neues Element betont wurde. „Was er über die Künstler und deren Verhältnis zur Zeit gesagt hat, fand ich sehr spannend“, greift Kast nur einen der Vortragenden exemplarisch voraus.

Die Veränderung der Gesellschaft, der Welt verändert natürlich auch die Aufgabestellung für die Psychotherapeuten. Ein Beispiel sei die fortschreitende Digitalisierung, die beispielsweise der Hirnforscher Manfred Spitzer angesprochen habe. Eine Digitalisierung, die sich auch af die Arbeitsweise der Therapeuten auswirken kann. Schon jetzt stellt sich die Frage, ob es auch per Skype möglich ist, Patienten zu behandeln.

Der Verbleib der Tagung in Lindau war unter den Teilnehmern weniger ein Thema. Nach der Finanzspritze der Freistaats scheint der Modernisierung der Inselhalle nichts mehr im Weg zu stehen. „Darüber sind wir froh, denn wir wollten immer in Lindau bleiben“, so Kast. Die Erleichterung sei sowohl bei den Veranstaltern als auch den Referenten sehr groß gewesen. „Die Angst nicht mehr nach Lindau kommen zu können, war schon da“, sagt Kast angesichts des jahrelangen Ringens um eine Lösung.

Nach der Tagung ist bekanntlich vor der Tagung. 65 Jahre werden die Psychotherapiewochen im kommenden Jahr alt. Doch von Ruhestand keine Spur. In der ersten Woche heißt das Thema „Der optimierte Mensch und das gute Leben“. Gutes Leben ist eher ein Begriff aus der Philosophie. „Jeder Mensch möchte ein gutes Leben führen“, sagt Kast. Aber was heißt das eigentlich? Und wie gut kann ein Leben sein unter dem Diktat, dass jeder Mensch sich optimieren soll. „Wie stark passt der Mensch in eine optimierte Welt?“

Ein Thema, das zumindest zum teil an eine Frage der diesjährigen Tagung anschließt, inwiefern die Idee der „Alles-ist-machbar“ mit so etwas wie einem Schicksalsschlag zusammenpasst.

Die zweite Woche steht unter dem scheinbar sperrigen Titel „Das verkörperte Selbst und die Mentalisierung“. Dabei wird es auch um die Frage gehen, wie sich seelische Spannungen im Körper zeigen. „Wobei wir überlegen müssen, wie wir mit dem Krankheitsbegriff in der Psychotherapie umgehen“, sagt Kast.