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Heuballen

Verletzter Feuerwehrmann klagt gegen Kündigung

Sigmarszell / Lesedauer: 3 min

27-Jähriger bei Brandeinsatz schwer verletzt - Auf Ende Januar wurde er entlassen
Veröffentlicht:26.01.2012, 16:05

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Ein junger Mann aus Sigmarszell hat bei einem Einsatz in einem brennenden Bauernhof im vergangenen September seine Gesundheit riskiert., als ein Heuballen auf ihn stürzte. Die Kollegen fanden den Verletzten nicht gleich, der Sauerstoff wurde knapp. Der 27-Jährige ist mit dem Leben davongekommen – dafür sind die Feuerwehr und seine Familie dankbar.

Den Verlust des Arbeitsplatzes aber – am 20. Dezember wurde ihm gekündigt – wollte der beim Unglück schwer verletzte und seither krank geschriebene Industriemechaniker nicht so einfach akzeptieren. Seine Klage beim Arbeitsgericht in Ravensburg endete am Mittwoch mit einem Vergleich: 2400 Euro Abfindung erhält er, die ihm noch zustehenden Urlaubstage werden abgegolten.

Beim Feuerwehreinsatz hatte er sich schwere Verletzungen zugezogen. Am rechten Fuß erlitt er mehrere Brüche, Sprunggelenk und Wadenbein mussten operiert werden. Am linken Fuß wurden die Bänder stark geschädigt. Nach zweiwöchigem Krankenhausaufenthalt wurde er für Wochen krankgeschrieben, seither arbeitet er mit Physiotherapie an seiner Genesung. Wenn die Metallteile aus seinem rechten Bein entfernt werden, steht vermutlich ein Reha-Aufenthalt an. Bis heute ist der Mann beim Gehen eingeschränkt. Um ins Arbeitsleben zurückzufinden, wäre Anfang des Jahres eine Wiedereingliederung angestanden.

Aufträge sind eingebrochen

Der junge Mann hatte nach seiner Kündigung (Stichtag 31. Januar 2012) vermutet, dass seine Verletzungen und mögliche Folgebehandlungen der Grund dafür seien. Deshalb verklagte er seinen Arbeitgeber. Die Verhandlung fand in Ravensburg statt, weil die Firma in einer württembergischen Gemeinde sitzt.

Vor Gericht führte der Anwalt des Arbeitgebers einen betrieblichen Grund für die Entlassung an: Die Aufträge seien in den vergangenen Monaten stark eingebrochen. Die Firma, die unter anderem Abfüllmaschinen für Tees herstellt, habe vor einem Jahr eine Auftragsliste von 15 Maschinen gehabt. Diese sei inzwischen fast abgearbeitet – „seither gab es so gut wie keinen Auftrag mehr“, so der Anwalt.

Als Kompromiss schlug das Unternehmen, vertreten durch Personalchef und Anwalt, zunächst vor, den Facharbeiter für eine zweiwöchige Wiedereingliederung im Februar nochmals zu beschäftigen und ihn für den Rest des Monats freizustellen.

Der Rechtsanwalt des Feuerwehrmanns äußerte Zweifel: „Dieses Unternehmen hat 200 Arbeitnehmer. Wenn es jetzt gerade diesem Mann kündigt, ist es schon fraglich, ob da nicht seine Arbeitsunfähigkeit mitspielt.“ Dennoch stimmte sein Mandant, der sich mindestens eine Abfindung in Höhe von einem Bruttogehalt erhofft hatte (etwa 2800 Euro), letztlich dem vom Richter vorgeschlagenen Vergleich zu. Dieser argumentierte so: „Für mich riecht’s danach, dass ein betriebsbedingter Kündigungsgrund darlegbar ist.“ Angesichts der kurzen Beschäftigungsdauer des 27-Jährigen (knapp ein Jahr) liege die Regelabfindung bei etwa 1500 Euro.

Bereits Bewerbungen geschrieben

Personalchef und Anwalt des beklagten Unternehmens akzeptierten den Vergleich, verlangten jedoch ein zweiwöchiges Widerspruchsrecht, da der Seniorchef des Unternehmens im Urlaub sei.

Der Industriemechaniker und Feuerwehrmann blickt trotz der im Einsatz erlittenen Verletzungen und trotz der Entlassung zuversichtlich in die Zukunft. Sein bisheriger Arbeitgeber, der ihn im vergangenen August nach Ablauf der Probezeit noch „mit lobenden Worten“ übernommen hatte, muss ihm ein „wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis“ ausstellen – so ist es im gerichtlichen Vergleich festgeschrieben.

Verschiedene Bewerbungen – auch erfolgversprechende – hat er am Laufen. Jedoch: „Ob ich bei der Feuerwehr weitermache, wenn ich wieder gesund bin, weiß ich noch nicht.“ Seit zehn Jahren ist er dabei.