StartseiteRegionalBodenseeKressbronnUferrenaturierung zieht viele Zuhörer an

Uferrenaturierung

Uferrenaturierung zieht viele Zuhörer an

Kressbronn / Lesedauer: 5 min

Stand der Dinge im Gemeinderat – „Bucht statt Bau“ will Überprüfung der Pläne
Veröffentlicht:18.04.2014, 15:45

Von:
Artikel teilen:

„Mich wundert schon etwas die Masche, mit der in den letzten Wochen seit Bekanntgabe des VGH-Urteils die geplante Maßnahme attackiert wird“ - Bürgermeister Edwin Weiß hat am Mittwochabend in der Gemeinderatssitzung deutliche Worte gefunden, um in den Tagesordnungspunkt der Uferrenaturierung einzusteigen. Wie brisant das Thema in Kressbronn ist, zeigte die große Zuhörerzahl: Immer mehr Stühle mussten in den Sitzungssaal getragen werden.

Wie berichtet hatte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im Dezember 2013 in letzter Instanz entschieden: Die Renaturierung des Bodenseeufers ist rechtmäßig. Damit ging ein über 20 Jahre langer Rechtsstreit zu Ende, denn seit 2002 hatten mehrere Seeanlieger gegen das Projekt geklagt. Gegen das jüngste Urteil haben die Anlieger nun Beschwerde eingereicht. „Es wird so getan, als ob hier ein Projekt verordnet wird, das die Zerstörung der Kressbronner Bucht zur Folge hätte“, machte Edwin Weiß seinem Ärger Luft. Der Fokus dürfe in der Diskussion nicht nur auf den Seegarten beschränkt bleiben, sondern „wer den Blick westwärts vom Landessteg bis zur Bodan-Werft richtet, sieht neben massivem Beton-Verbau einen Verhau von Steg- und Slipanlagen, teils genehmigt, teils geduldet“.

Alter Traum der Kressbronner

Der Bürgermeister erinnerte daran, dass die Renaturierung des künstlich verbauten Seeufers sowie die Schaffung von öffentlichem Seezugang für die Menschen nach wie vor erklärte Ziele des Landes – im Landesentwicklungsplan festgeschrieben – seien. Der Wunsch einer Uferpromenade „ist mir zu Beginn bei meiner Amtszeit so vielfach begegnet, dass ich darin nicht nur ein wichtiges Ziel bei der infrastrukturellen Weiterentwicklung von Kressbronn gesehen habe, sondern vor allem auch die Verwirklichung eines alten Traums der Kressbronner“, so Edwin Weiß, dem die Enttäuschung über das Bürgerverhalten anzumerken war.

Um „der Sachlichkeit ein Forum zu bieten“ und mit Fakten den aktuellen Stand des Projektes zu erklären, war Baudirektor Lothar Heissler vom Regierungspräsidium Tübingen in die Sitzung gekommen. Er betonte in seinem Vortrag, dass es zum einen ein Renaturierungsgebot gebe, dass das Wasserhaushaltsgesetz in Verbindung mit dem Wassergesetz vorschreibe. Außerdem sei im Bodenseeuferplan geregelt, dass die Funktion der Flachwasserzone wiederhergestellt werden müsse. „Das Kressbronner Ufer weist erhebliche Defizite verglichen mit dem Referenzzustand auf“, sagte Heissler mit Blick auf die vielen Einbauten, Betonmauern, Slipanlagen und Stege.

Da es derzeit viele Gerüchte gäbe, listete er nochmal die Fakten der Maßnahme auf: 750 Meter Länge insgesamt, davon 300 Meter Uferweg auf öffentlichen Grundstücken, 1,3 Millionen Euro Kosten, die mit 75 Prozent das Land und mit 25 Prozent die Gemeinde übernehmen. Bislang sei der Weg auf einer Höhe von 4,90 Meter (Pegel Konstanz) geplant, doch das könne man noch diskutieren. Aus seiner Sicht sei womöglich auch eine Höhe von 4,30 Meter denkbar. Die Breite des Weges steht dagegen fest – sie wird zwei Meter betragen.

Ohne in Details der Renaturierung zu gehen, hob Lothar Heissler mehrfach hervor: „Wir sind guter Dinge, dass wir hiermit eine erhebliche Verbesserung – einen optimierten Lebensraum der Flachwasserzone – erreichen können“. So gehe das Regierungspräsidium davon aus, dass die Verbesserung eine Qualitätsstufe in ökologischer Sicht betragen würde. „Wir hoffen ,dass wir in einem Miteinander mit den Betroffenen zu einer Lösung finden“, schloss Heissler seinen Vortrag. Und Edwin Weiß betonte: „Ich schließe eine Info-Veranstaltung nicht aus, aber solange wie die Beschwerde vor Gericht liegt, werden wir eine solche Veranstaltung nicht in Zeiten eines laufenden Rechtsstreitverfahren machen“.

Die Räte lobten anschließend die „Informationsveranstaltung“. Stefan Fehringer (BWV) fragte, ob die derzeitige Planung mit den neuesten Erkenntnissen noch aktualisiert werde. „Wir wären schlechte Ingenieure, wenn wir diese nicht berücksichtigen“, so Heissler. Allerdings werde man den Rahmen der Feststellung nicht verlassen, weil sonst ein neuer Plan notwendig werde und „das ganze Spiel ginge wieder von vorne los“. Er betonte, dass die Bagger frühestens im Winter 2015/2016 anrücken werden und es im zweiten Halbjahr diesen Jahres eine Infoveranstaltung geben werde. „Aber zunächst brauchen wir eine gesicherte Rechtsposition“.

Tiere kommen ins Hinterland

Karl Bentele (CDU), wollte wissen, ob man – wenn auf den Uferweg verzichtet würde – mit der Gesamthöhe niedriger gehen könne. Man müsse dann zwar die Planung anpassen, aber es sei grundsätzlich möglich, ohne Weg das Niveau herabzusetzen. Dagegen widersprach jedoch der Bürgermeister: „Wenn wir den Uferweg jetzt ablehnen, wäre das ein Jahrhundertfehler – diese Chance hat man einmal und dann nie wieder.“

Martin Kolb (SPD) kritisierte, dass er nach wie vor keine Informationen darüber bekommen habe, „weshalb das Ganze jetzt so gut ist für die Natur“. Lothar Heissler zählte zum einen die größere Flachwasserzone auf, zum anderen nannte er die bessere Anbindung der Lebewesen am See zum Hinterland. „Die Gutachter sind vor Gericht ordentlich auseinandergenommen worden – auch ein Professor Ostendorf. Der ökologische Vorteil ist gerichtlich nach allen Seiten beleuchtet und schließlich entschieden worden“, so Bürgermeister Edwin Weiß.

Applaus erntete schließlich Martina Knappert-Hiese (GUBB) von den Zuhörern, als sie sagte: „Ich habe die Mauern immer als Schutz vor den Föhnstürmen empfunden. Ich bin auch der Meinung, dass man einige Stege entfernen müsste, aber grundsätzlich glaube ich, dass sich ohne die Maßnahme in diesem Umfang eine Menge Geld einsparen lässt“