StartseiteRegionalBodenseeFriedrichshafen Hilfe: Welttag des Stotterns will aufklären

Welttag

Hilfe: Welttag des Stotterns will aufklären

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Die Selbsthilfegruppe für Stotterer ruft am Samstag zum Austausch auf Facebook auf
Veröffentlicht:21.10.2011, 10:15

Artikel teilen:

„Der Schreck durchfährt mich wie ein Stromschlag. In Bruchteilen von Sekunden werden meine Glieder tonnenschwer, mein Mund wird trocken. Kalter Schweiß bricht mir aus und meine Hände beginnen zu zittern. Die Worte tanzen durch meinen Kopf, wollen heraus, aber sie bleiben in meiner Kehle stecken“, beschreibt Claudia Kowiss, Mitglied der Selbsthilfegruppe für Stotterer Bodensee-Oberschwaben eine für sie typische Situation.

Das Motto für den Welttag des Stotterns am Samstag, 22. Oktober, lautet: „Geschichten austauschen – Wahrnehmung ändern“. Und genau dazu ruft die Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe (BVSS) auf, nämlich persönliche Geschichten und Gedanken übers Stottern miteinander zu teilen. So bietet das soziale Netzwerk Facebook laut BVSS eine Plattform für den Austausch der Beiträge. Deshalb soll jeder, der am 22. Oktober kurze Texte, Bilder oder Clips zum Thema Stottern veröffentlicht, diesen Beitrag mit der BVSS-Pinnwand verknüpfen.

„Durch PC und Internet gibt es mittlerweile eine Menge Foren, in denen man sich auch ohne Sprechen sicher und elegant bewegen kann – ein Segen für so manchen Menschen. Aber dem direkten Kontakt zu Mitmenschen auszuweichen, kann nicht die Lösung sein“, findet Kowiss.

Rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung sei betroffen vom Stottern, in Deutschland sind es rund 800000. „Da finden sich zahlreiche Schicksale, Erlebnisse, Meinungen und sicher auch Fragen zum Stottern“, ist Prof. Martin Sommer , Vorsitzender der BVSS, überzeugt.

Ziel des Welttags des Stotterns, den es seit 1998 gibt, ist es, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. „Sich auszutauschen hilft Betroffenen Ängste abzubauen, es nimmt aber auch Nicht-Stotternden ihre Unsicherheit im Kontakt mit Betroffenen“, betont der Neurologe, der selbst stottert. Kontraproduktiv für Stotternde sei das Schweigen darüber und das Unwissen vieler Menschen. Denn längst stehe fest, dass Stottern sich unabhängig von sozialer oder kultureller Herkunft entwickle und weder von Bildungsgrad, noch vom Umgang innerhalb der Familie abhängig sei. Man gehe heute von einer erblichen Veranlagung aus, so Sommer.

Doch wichtiger als die Ursachen sei für Stotternde vor allem die Akzeptanz ihrer Mitmenschen, weiß Sommer: „Stottern ist eigentlich nur eine andere Form des Sprechens.“ Einander ruhig zuhören, lockeren Blickkontakt halten und jeden seine Sätze selbst zu Ende bringen lassen, sind daher die beste Unterstützung im Gespräch mit einem Stotternden. Und auch für Claudia Kowiss „liegt die Lösung in der Akzeptanz der Mitmenschen: Nicht mehr ausgelacht zu werden oder nicht mehr den Telefonhörer einfach aufgelegt zu bekommen wenn ich mich eigentlich melden will, aber wieder mal keinen Ton herausbekomme.“