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Tieferlegung

Boris Palmer zerpflückt genüsslich S 21

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Tübingens Oberbürgermeister lockt mit seinem Vortrag 400 Besucher ins GZH – „Kopfbahnhof ist bei Weitem das bessere Projekt“
Veröffentlicht:07.11.2011, 16:00

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Boris Palmer hat am Freitagabend im überfüllten Colsman-Saal versucht, der Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs die Argumente zu entziehen. Vor einem begeisternden Publikum warf er der Bahn Hantieren mit unrealistischen Zahlen vor. „ Stuttgart 21 “ werde tatsächlich sechs Milliarden Euro kosten und ein Ausstieg keine 500 Millionen, behauptete er. Vor den 400 Besuchern rief eingangs die Grüne Bundestagsabgeordnete Agnieszka Malczak aus Ravensburg dazu auf, am 27. November „Ja“ zu mehr Mitbestimmung zu sagen und eine „historische Chance in Baden-Württemberg zu nutzen“. „Friedrichshafen toppt alles“, sagte sie und zeigte sich überwältigt vom Besucheransturm im GZH im Vergleich zu den vorausgegangenen Veranstaltungen in Ulm und Ravensburg, die schon nicht schlecht nachgefragt waren.

In sechs Kapiteln innerhalb einer guten Stunde machte sich der Tübinger Oberbürgermeister und Schlichtungs-Teilnehmer – unterstützt von vielen Folien – daran, das Vorhaben, in der Landeshauptstadt einen neuen Bahnhof in den Untergrund zu bauen, zu zerpflücken. „Der Bahnhof muss nicht vergraben werden“, sprach er sich vielmehr für ein „Sanieren und Modernisieren“ des jetzigen Kopfbahnhofes aus. München, Frankfurt und Leipzig modernisierten ihre Kopfbahnhöfe erfolgreich, in Zürich befindet sich einer der leistungsfähigsten in Europa.

Mit Ausnahme der Strecke zum „Flughäfele“ Stuttgart (10,3 Millionen Passagiere, Stuttgarter Verkehrsverbund 326 Millionen) sei man mit dem Kopfbahnhof auf keiner Linie auch nur eine Minute langsamer, stellte er den Nachweis mit einem ausgeklügelten Liniennetz vor. Ziel sei eine Lösung nach dem Schweizer Taktfahrplan, wo die Menschen sechsmal mehr Zug-Kilometer fahren als in Deutschland. „Der Kopfbahnhof ist bei weitem das bessere Projekt, es wurde nur nie geprüft“, kritisierte Palmer, auch wenn Mehdorn sage, er gehörte nicht mehr ins 21. Jahrhundert. Das Land werde keineswegs ins Armenhaus Deutschlands zurückfallen, „wenn wir den Bahnhof nicht vergraben“, fuhr Palmer fort. Stuttgart habe einen der zehn wichtigsten Bahnhöfe in Deutschland, er werde keineswegs abgehängt, sondern bleibe in jedem Fall wichtiger ICE- und TGV-Bahnhof. „Stuttgart 21“ suggeriere einen Fahrplan, der unfahrbar ist, weil auf ihm „Phantomzüge“ unterwegs seien, sagte Palmer. Süffisante Kritik übte er am angeblich erfolgreichen Stresstest, der voller Fehler sei und dem unrealistische Dinge zugrunde lägen.

Der Kopfbahnhof passe viel besser in die Zukunft und ein neuer Bahnhof könne nicht mehr, ist Palmer überzeugt, der endlich einen Leistungsnachweis erwartet, ohne den „Stuttgart 21“ nicht gebaut werden könne. Ein Ausstieg würde keine 1,5 Milliarden Euro kosten, wie die Neubau-Befürworter behaupten, denn eine Milliarde davon gingen an Bund, Land und Stadt und in den restlichen 500 Millionen sei die Neubaustrecke für 150 Millionen enthalten. Die Zahlen der Befürworter seien immer um den Faktor drei falsch. Ein neuer Bahnhof wird nach Palmer sechs Milliarden Euro kosten, bei denen man von einer zehnprozentigen Kostensteigerung ausgehe – ohne Neubaustrecke.

„Marx ist tot, aber Murks lebt“, bat Palmer die Oberschwaben: „Gehen Sie abstimmen und lassen Sie die Unterschwaben oben bleiben“.