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Weltsensation

Dr. Dirk Krausse gibt Weltsensationen bekannt

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

Zuhörer strömen zum Vortrag über die neuesten Erkenntnisse bei der Heuneburg
Veröffentlicht:14.11.2013, 12:40

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Eine ganze Reihe von Weltsensationen hat Professor Dr. Dirk Krausse seinem Publikum am Dienstagabend präsentiert. Aus den neuesten Forschungsergebnissen über die Ausgrabungen um Heuneburg, „Fürstinnengrab“ und Alte Burg bei Langenenslingen zeigte er noch unveröffentlichte Fotos, Röntgenbilder und Animationen, gab Auskunft über Schlussfolgerungen und Spekulationen.

Krausse nannte das aktuelleste Ergebnis: „Heute kam die Datierung der zweiten Frau aus dem Grab.“ Seit wenigen Stunden sei nun sicher, dass sie zwar höher liege – „auf einem Erdpaket“ – als die „Fürstin“, aber zur gleichen Zeit bestattet worden war. Etwa 570 vor Christus. Vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren. Er rekapitulierte die Ausgrabung am Fuße der Heuneburg, die im Dezember 2010 als „80-Tonnen-Block“ ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gekommen war. Seither arbeiten die Archäologen in einem speziellen Zelt bei Ludwigsburg daran, seine Geheimnisse zu lüften.

Die erste der dort bestatteten zwei Frauen bezeichnen die Archäologen wegen der reichen Schmuck- und Ausstattungsfunde als „Fürstin“. Aber die zweite gibt noch Rätsel auf. Einige konnten gelöst werden – andere Überlegungen sind noch sehr hypothetisch. Identifiziert werden konnte ein am linken Unterschenkel liegendes Blech: Bronze, reich verziert, gut erhalten, 40 Zentimeter lang – ein Stirnpanzer eines Pferdes. „Ein Meister, der seiner Zeit weit voraus war“ müsse das Blech gestaltet haben, sagte Krausse. Er sei vollkommen untypisch für diese Zeit. Der erste und einzige aus dieser Gegend, der eindeutig nachweist, dass Reiten und Pferde hier mit hereinspielen.

Auch weitere Funde, die Krausse als ganz neue, zum ersten Mal gezeigte Animation vorführt – dreidimensionale Röntgenbilder aus einem speziellen Computertomograph (CT) – sind vermutlich Brustschmuck für ein Pferd. Ein wunderbar verziertes Goldband, 28,5 Zentimeter lang und mit einem Anhänger versehen, wird mit Hilfe von Stimmen aus dem Publikum als Ohrring identifiziert. Aber warum nur einer?

Bei der nächsten Sensation am Grabungsbild mit darüber gelegten CT-Daten schließt Krausse die Zuschauer als Forscher mit ein: „Was erkennen Sie?“ Da! Menschliche Zähne! Das habe bis jetzt gefehlt, erklärt Krausse: der Unterkiefer zum Schädel des Skelettes der Fürstin. Warum wurde der Schädel entfernt vom restlichen Skelett aufgefunden und warum der Unterkiefer wieder an einer anderen Stelle? Hypothesen über die Verlagerung des Schädels im Laufe der 2500 Jahre kommen aus dem Publikum; von Wasseraufschwemmungen bis zu Biber und Ratten reichen die Vorschläge. Viele offene Fragen trotz intensiver Forschung.

Neue geophysikalische Untersuchungen auf der Ost-Terrasse der Heuneburg und an ihrem Fuße brachten interessante Entdeckungen. Viele Knochenfunde, nachweisbar Menschenknochen von 15 bis 20 Personen, seien sehr auffällig. „Was ist hier passiert?“ fragt der Archäologe. Alle seien noch ratlos, besonders weil sie nicht in Gräbern bestattet und keine Grabbeigaben gefunden wurden. Eine Hungersnot? Ein Massaker? Ein Krieg? Rituelle Hinrichtungen?

Ein klareres Bild ergebe sich im Blick auf die Alte Burg bei Langenenslingen. Bei einem computer-animierten Flug über die Landschaft zwischen Heuneburg, Bussen, Großer Heuneburg bei Upflamör und Alter Burg zeigt Krausse, wie eine optische Kontrolle über das gesamte Gebiet möglich war. Und die Sensation: Im Neubaugebiet in Langenenslingen entdeckten die Archäologen eine Straße aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert. „Das gibt’s noch nirgends“, war Krausse begeistert. Ausnahmsweise nicht nur Gräber und Grabbeigaben zeigten einen Teil der Lebensweise der frühen Kelten unserer Gegend. Mit der Straße könne man die Landschaft verstehen, Verkehrsbeziehungen würden fassbar. Im Verlauf der weiteren Erforschung der Straße hoffe er, einen entscheidenden „Schlüssel“ zu finden. „Es gibt noch viel zu entdecken. Wir sind gespannt, was noch alles rauskommt“, sagt Krausse.

Und auch die nahezu 200 Zuhörer waren gespannt. Nach dem ersten Vortrag Krausses über die Heuneburg vor etwa einem Jahr war der Zustrom enorm. Die Stühle – auch die dazu geholten aus dem Keller und von den umliegenden Schreibtischen – reichten nicht aus, die vielen Interessierten in der Schalterhalle der Kreissparkasse zu fassen; selbst auf der Treppe und in der Spielecke fanden Zuhörer Platz. Volkshochschule Donau-Bussen und Altertumsvereins Riedlingen hatten eingeladen zur Veranstaltung „Neue Forschungsergebnisse zur Heuneburg“. Mit Dr. Dirk Krausse konnten sie zum zweiten Mal den Experten verpflichten: Landesarchäologe und Leiter des Referates 85 im Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg. Dass die Heuneburg ihm am Herzen liegt, merkten die Zuhörer an seiner mitreißenden Erzählweise. Am 4. Dezember falle die Entscheidung über die Genehmigung der Forschungsabschnitte der nächsten zehn Jahre im Umfeld der Heuneburg. Ein spannender Moment.