StartseiteRegionalBaden-WürttembergHohenstadter warten seit Monaten auf Geld von der Bahn

Steinbühltunnel

Hohenstadter warten seit Monaten auf Geld von der Bahn

Hohenstadt / Lesedauer: 4 min

Steinbühltunnel entsteht auf Flächen der Gemeinde und von Bürgern - Entschädigungszahlungen bleiben trotz Verträgen aus
Veröffentlicht:12.02.2014, 17:30

Von:
Artikel teilen:

„Vor einigen Wochen ist mir der Kragen geplatzt - aber so richtig“, sagt Hohenstadts Bürgermeister Günter Riebort. Verursacht wurde der Wutausbruch des 53-Jährigen von der Deutschen Bahn AG. Der Grund: die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, für die bei Hohenstadt der etwa 4,8 Kilometer lange Steinbühltunnel entsteht. Für den Bau benötigte die Bahn Grundstücke der Gemeinde und von Landwirten. Geld hat sie dafür allerdings noch nicht bezahlt.

Im Einzelnen geht es um etwa 30 Grundstücke der Gemeinde, die bis zu 31000 Quadratmeter groß sind. Das Unternehmen nutzt zum Beispiel Feldwege und Tunneleinfahrten, die während der Bauphase nicht anderweitig verwendet werden können. Die Gemeinde hat hierfür Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Doch wie viel Geld sie erhält, ist unklar, sagt Günter Riebort. Denn im Kleingedruckten der Verträge hat sich die Bahn ein Hintertürchen offen gehalten: Die Grundstücksnutzung erfolgt demnach „unter Vorbehalt aller Entschädigungen“. Das bedeutet, dass die Höhe von Entschädigungszahlungen erst noch verhandelt werden muss. „Ich habe die Verträge etwas blauäugig unterschrieben“, räumt Günter Riebort ein.

In den bisherigen Verhandlungen habe die Bahn ihren Vertragspartner, also die Gemeinde Hohenstadt, von oben herab behandelt, ärgert sich der Bürgermeister. „Es nervt mich einfach, dass so lange nichts passiert“, ergänzt er.

Landwirt sorgt sich um Existenz

Doch nicht nur die Gemeinde betrachtet sich als Leidtragenden der insgesamt 3,3 Milliarden Euro teuren ICE-Trasse. Landwirt Daniel Buck sieht sogar seine Existenz bedroht. Denn die Bahn benötigt für den Steinbühltunnel etwa 18 Hektar seiner Ackerfläche und bot dem 38-Jährigen dafür nur 3500 Euro als Entschädigung an. Auf dem 18 Hektar großen Areal baute Daniel Buck bisher das Futter für seine etwa 1000Schweine und 30 Rinder an. „Nun muss ich Futter zukaufen“, sagt der Landwirt. Pro Jahr würde das um die 30000 Euro kosten. Er lehnt deshalb die 3500 Euro ab und fordert mehr Geld. Doch ob er Erfolg hat, ist offen. „Durch das Planfeststellungsverfahren hat die Bahn das Recht für den Bau“, erklärt Günter Riebort.

Wie Daniel Buck ergeht es vier weiteren Menschen der Alb-Gemeinde. Die Betroffenen beauftragten den Rechtsanwalt Dieter Weiblein. Dieser spricht von einer Zermürbungsstrategie, mit der die Bahn versuche, die Entschädigungszahlungen zu „drücken“. „Es ist eine Frechheit, die sich die Bahn erlaubt“, ärgert sich Daniel Buck.

Diesen Vorwurf weist eine Pressesprecherin des Konzerns zurück und begründet die Vorgehensweise mit gesetzlichen Vorgaben. Als ein Unternehmen, das öffentliche Mittel - also Steuergelder - erhalte, könne die Bahn nicht mit jedem Grundstückseigentümer frei verhandeln und mal mehr, mal weniger Geld bezahlen. „Wir müssen alle gleich behandeln“, sagt die Sprecherin.

Deshalb habe der Konzern im Vorfeld einen Gutachter beauftragt, der die Höhe der Entschädigungen festlegte. Im Fall von Landwirt Daniel Buck errechnete dieser die zu erwartenden Ertragsausfälle in Höhe von 3500 Euro. Sollte es keine Lösung geben, können sich die Parteien an das zuständige Regierungspräsidium wenden, das seinerseits die Höhe der Entschädigungen prüft, ergänzt die Sprecherin.

Die Deutsche Bahn habe darüber hinaus den betroffenen Hohenstadtern etwas versprochen, fügt sie hinzu: Sollten Gerichte oder das Regierungspräsidium Tübingen feststellen, dass die Entschädigung zu gering sei, würde sie den Differenzbetrag nachträglich bezahlen. Dies ist Daniel Buck neu: „Das stand nie zur Debatte“, sagt er.

Hohenstadts Bürgermeister bereut seine Unterschrift

Günter Rieborts Wutausbruch scheint mittlerweile jedenfalls die Verantwortlichen der Deutschen Bahn wachgerüttelt zu haben: Sie haben für den Donnerstag ein Gespräch vereinbart. „Ich bin gespannt, was dabei herauskommt“, sagt Günter Riebort. Er hofft, dieses Thema im Laufe des Jahres ad acta legen zu können. Eines aber ist für ihn schon heute klar: „Rückblickend betrachtet hätte ich die Verträge nicht unterschrieben.“

Für den Hohenstadter Landwirt Daniel Buck ist die Sache jedoch noch lange nicht ausgestanden: Er will notfalls vor Gericht ziehen - „und zwar bis zum Schluss“.

Die Streitigkeiten zwischen der Gemeinde Hohenstadt und der Bahn AG sind übrigens auch im Fernsehen zu sehen: Der SWR nimmt sich in seiner Sendung „ZurSache Baden-Württemberg“ am Donnerstag, 13. Februar, des Themas an. Die Sendung beginnt um 20.15 Uhr.