StartseiteRegionalRegion BiberachBiberachEine Inszenierung aus einem Guss

Inszenierung

Eine Inszenierung aus einem Guss

Biberach / Lesedauer: 3 min

Mit Woody Allens „Geliebte Aphrodite“ verabschiedet sich Dram glanzvoll vom alten Jahr
Veröffentlicht:01.01.2014, 16:55

Artikel teilen:

Eine höchst geglückte Verbindung von modernem Konversationsstück mit griechischem Theater haben Regisseur Jan Sandel und die Truppe des Dramatischen Vereins vorgestellt. Woody Allens „Geliebte Aphrodite“ feiert nun in der Biberacher Stadthalle Premiere.

Auch als Komödie folgt das Stück dem Muster altgriechischer Tragödien: Sportreporter Ben und seine Frau, die Malerin Amanda, haben keine Kinder. Sie adoptieren den kleinen Max, der sich bald als hochbegabt zeigt. Ben sucht die leibliche Mutter und findet diese als Hure und Pornodarstellerin Linda. Sie wird aber nicht erfahren, dass Max ihr Sohn ist. Sie und Ben verlieben sich; sie wird schwanger. Aber Ben kehrt zu seiner Frau zurück, von der er sich wegen deren Affäre mit dem Galeristen Harry vorübergehend getrennt hatte, und Linda findet einen Ehemann. So weit, so banal.

Doch das Spiel wird gesteuert vom Hintersinn des Woody Allen. Es gibt den griechischen Chor, das Gewissen der Handelnden, der kommentiert, lobt, schimpft, warnt, synchron in Tempo, Takt, Intonation und Dynamik.

Kassandra sieht Unheil

Die Spielebenen Moderne und Antike schieben sich ineinander, ergänzen sich in scheinbarem Widerspruch bestens. Einzelne Choristen agieren mit Sprechsoli als Personen der Antike. Kassandra sieht Unheil kommen, warnt. Der blinde Seher Teiresias sieht voraus, wie Seher das so tun. Alles das bewegt sich zwischen todernst und witzig. Als eine Mischung von Generalmanager und Maître de Plaisir dirigiert, treibt, beherrscht Chorführer Volker Angenbauer in der Rolle des Koryphaios seine Truppe, mischt sich als „Deus ex machina“ immer wieder in das Geschehen der Handlung ein.

Die Sprechrollen hat Sandel optimal besetzt. Die Hure Linda spielt Nathalie Musau, eine intensiv und rollenadäquat agierende Darstellerin von attraktivem Äußeren und menschlich sympathischer Ausstrahlung. Carolin Bock gibt eindrucksvoll die taffe Erfolgsfrau Amanda mit ihren wechselnden Gefühlen. Tom Talaj als Ben hat die ganze Ausdrucks-Palette vom liebevollen Ehemann bis zum tapferen Weichei zur Verfügung. Überzeugend und handfest in weiteren Rollen Markus Schröter, Manfred Buck, Martin Schäffer, Benjamin Eib, Anke Leidig und andere. Alle Darsteller imponieren mit gut artikulierter Sprache. Auf der Bühne läuft stets ein pralles Spiel ab. Die Spannung wird hochgehalten; keine Sekunde entsteht Langeweile. Darstellung und Dialoge sind zuweilen modern frivol, etwa wenn sich Ben und Amanda im Bett unter hochgezogener Decke vergeblich um einen Erfolg ihrer Anstrengungen bemühen. Und in Allens drastischer Sprache heißt Lindas erfolgreicher Film „Die verzauberte Muschi“.

Porter-Songs überzeugen

Ein weiterer Knüller ist die Musik von Cole Porter. Peter Barth, Roland Boehm, Martin Geyer und Martin Kiebler begleiten das Spiel mit Pep und mit den bekanntesten Songs des Komponisten wie „Night and Day“, „I’ve got you under my skin“ und andere, präzise artikuliert und schön gesungen vom Chor. Die Inszenierung ist aus einem Guss. Jan Sandel und alle Beteiligten haben ein großartiges und spannendes Stück geschaffen.