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Schwimmstunde

Viele Schwimmstunden in Bayern fallen aus

Bayern / Lesedauer: 3 min

Beim Schwimmunterricht an den Grundschulen gibt es Probleme
Veröffentlicht:26.06.2017, 19:06

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Schwimmen sollte jedes Kind nach der Grundschule können – der Unterricht ist deutschlandweit im Lehrplan vorgeschrieben. Trotzdem fallen in Bayern viele Stunden aus oder sie können von vornherein gar nicht stattfinden. „Ich weiß, dass es ganze Grundschulen gibt, die nicht schwimmen gehen“, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbands. Oft müssten sich zu viele Schulen ein Bad teilen. Der Schwimmunterricht finde dann zu selten statt. Und „manche können gar nicht rein“.

Neben Zugang zu Bädern brauche es mehr ausgebildete Schwimmlehrer und Fortbildungen, fordert Fleischmann. Sie sieht hier Kommunen und Staatsregierung in der Pflicht. Anfang Juni hatten Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) zur Schwimmfähigkeit von Kindern für Aufsehen gesorgt: Eine Forsa-Umfrage ergab, dass 59 Prozent der Zehnjährigen in Deutschland „keine sicheren Schwimmer sind“. Zahlen für Bayern gibt es nicht. Die erhebt auch das Kultusministerium nicht, wie aus der Antwort auf eine Große Anfrage der Landtagsfraktion der Freien Wähler hervorgeht.

Nach DLRG-Richtlinie gilt als sicherer Schwimmer, wer die Prüfung des Jugendschwimmabzeichens in Bronze erfolgreich abgelegt hat. Im Schnitt besitzen 40 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen diesen „Freischwimmer“. Es gebe aber keine wissenschaftliche Definition, sagt Andreas Ofenbeck , Sprecher des Kultusministeriums. Er verweist auf eine Studie des Robert-Koch-Instituts: Demnach können 85,5 Prozent der Fünf- bis 17-Jährigen schwimmen und haben es im Schnitt mit etwas mehr als sechs Jahren gelernt. Die Zahl für die Sieben- bis Zehnjährigen liegt um 0,4 Prozentpunkte darunter. Indikator für die Datenerhebung von 2009 bis 2012 war kein Schwimmabzeichen, sondern waren die Angaben der Jugendlichen selbst. Bei den jüngeren Kindern beantworteten die Eltern die Fragen.

Auch beim DLRG-Landesverband Bayern ist bekannt, dass Schwimmstunden häufig ausfallen. „Die Klage hören wir öfter von Lehrern“, sagt Sprecher Horst Auer. Es sei daher wichtig, „dass die Kommunen die Bäder erhalten“. Den Schulen empfiehlt er, auf die Schulämter zuzugehen – und sich für den Unterricht auch bei der DLRG Hilfe zu holen. Sie bietet Unterstützung in Theorie und Praxis.

„Die Schulen sind dafür verantwortlich, dass der Lehrplan umgesetzt wird“, erklärt Ministeriumssprecher Ofenbeck. Aufgabe der Kommunen sei, die Bäder zu erhalten. Doch keine Kommune habe bisher verlangt, mehr Geld dafür zu fordern, sagt der Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, Wilfried Schober. Man sei daher davon ausgegangen, dass ausreichend Bäder vorhanden und in einem für den Schwimmunterricht akzeptablen Zustand sind. Wenn mehr oder modernere Bäder gefordert seien, müsse der Freistaat mehr investieren, sagt Schober.

In München gibt es 134 Grundschulen mit knapp 42 000 Schülern; zudem 46 Bäder, in denen Schulschwimmunterricht stattfindet – 34 davon an Schulen. Im Schnitt kommen auf ein Schwimmbad also mehr als 900 Grundschüler. Die Stadt hatte im November eine Schwimmoffensive gestartet, mit der zusätzliche Schwimmkurse vor allem für Kindergarten- und Grundschulkinder unterstützt werden.

Laut Lehrerverbandschefin Fleischmann gibt es noch ein Problem: die Angst vieler Lehrer und gerade junger Kollegen wegen „Horrormeldungen“ über Schwimmunfälle. Auch mit entsprechender Ausbildung trauten sich viele Lehrer den Unterricht nicht zu. Zudem hätten viele Kinder keine Lust oder kämen nicht, weil sie nicht schwimmen könnten, erzählt Fleischmann. Und auch das Elternhaus spiele eine Rolle – gerade bei Mädchen mit ausländischen Wurzeln müsse man Aufklärungsarbeit leisten. Dass jedes Kind schwimmen lernt – „auch das ist Bildungsgerechtigkeit“, sagt Fleischmann.