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Reportage

München schwankt zwischen Trauer und Trotz

München / Lesedauer: 3 min

München schwankt zwischen Trauer und Trotz
Veröffentlicht:23.07.2016, 16:28

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Einen Tag nach dem Amoklauf mit zehn Toten ist die Fassungslosigkeit in München groß. Am Freitagabend hatte ein 18-Jähriger zuerst vor einer McDonalds -Filiale, dann im belebten um sich geschossen. Neun Menschen, acht von ihnen Jugendliche, kamen dabei ums Leben. Am Ende erschoss sich der Täter selbst.

Bis diese Nachricht nach einer Pressekonferenz nachts um 2 Uhr die Runde gemacht hatte, spielten sich am Abend in der bayerischen Hauptstadt hektische Szenen ab. Unklar war lange, ob es noch weitere Täter gab. Unklar war auch, ob es an anderen Orten in der Stadt weitere Schießereien gab. Die Nachrichten im Netz überschlugen sich, die Anwohner wurden gebeten, ihre Häuser nicht zu verlassen, mehr als 2000 Polizeikräfte waren im Einsatz.

Am Tag danach ist klar: Der 18-Jährige handelte als Einzeltäter, in der Pressekonferenz am Samstagmittag spricht die Polizei klar von einem "Amoklauf" und weist alle Spekulationen um einen terroristischen oder islamistischen Hintergrund zurück. Der Täter sei in ärztlicher Betreuung gewesen, offensichtlich habe er sich seit einiger Zeit mit dem Gedanken eines Amoklaufs beschäftigt.

Parallelen zu Breivik

Dass der Schütze genau am fünften Jahrestag des Amoklaufs von Anders Bering Breivik in Norwegen zuschlug, ist aus Sicht der Polizei kein Zufall. Auch dass die Opfer überwiegend Jugendliche waren, wie damals auf der Insel Uttoya, könne darauf hindeuten.

In welchem Umfeld der junge Täter aufwuchs, auf welche Schule er ging und ob seine Familie etwas von den Plänen der Bluttat ahnte - auf diese Fragen hat die Polizei bislang noch keine Antworten.

Am Olympiaeinkaufszentrum werden auch am Nachmittag noch Spuren gesichert, die Shoppingmeile blieb am Samstag geschlossen. Auf der Straße davor, in der Früh noch großräumig abgesperrt, legen Passanten mittlerweile Blumen und Kerzen nieder, viele liegen sich in den Armen. Trauer und Wut mischen sich mit Ungläubigkeit. Anwohner hinter dem Olympiaeinkaufszentrum berichten unter Tränen, wie sie den Einsatz am Vorabend erlebt haben. Dass "so etwas" hier passiere, schien vielen unmöglich - wenngleich das Gefühl der Verwundbarkeit seit den jüngsten Ereignissen in Nizza und in Würzburg zugenommen hat.

Weniger Touristen

Am Stachus, am Anfang der Münchner Einkaufsmeile, mischen sich am Samstag weniger Touristen unter die Einheimischen als sonst. Lange Zeit hatte es am Freitag Gerüchte über einen weiteren Tatort am Stachus gegeben. Sie erwiesen sich, wie so viele Meldungen in den sozialen Netzwerken, letztlich als falsch.

4000 Anrufe gingen am Freitagabend bei der Polizei ein, normal seien etwa 1000, erzählt Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä in der Pressekonferenz. Bilder und Videos von Facebook, Twitter und Co. zu verifizieren sei eine Mammutaufgabe, für ihren besonnenen Umgang mit Informationen im Netz wird die Polizei am Tag danach im Netz gelobt.

Rückkehr zur Normalität?

Noch ist vieles unklar - das Motiv des Täters etwa und wie er an seine Waffe kam. Die Ermittlungen der Polizei fangen gerade erst an. München aber bemüht sich an diesem Tag danach demonstrativ um einen Rückkehr zur Normalität, so gut das angesichts der dramatischen Ereignisse der vergangenen Nacht möglich ist.