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Telefonat

CSU verärgert über Bundesinnenminister

Bayern / Lesedauer: 3 min

Nach de Maizières Ankündigung zum Ende der Grenzkontrollen spricht Seehofer von Selbstherrlichkeit
Veröffentlicht:06.04.2016, 19:35

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Es war sicher kein freundliches Telefonat, das Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwochvormittag mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) führte. Er habe den Berliner Amtskollegen informiert, dass Bayern die Einstellung der Grenzkontrollen zu Österreich zum jetzigen Zeitpunkt „definitiv“ ablehne, teilte Herrmann mit deutlichen Anzeichen der Verärgerung mit.

In der ORF-Nachrichtensendung „ZiB2“ hatte der deutsche Innenminister am Dienstagabend einen Satz gesagt, der bei vielen Pendlern, Geschäftsleuten und in der Tourismusbranche Jubel auslöste: „Wenn die Zahlen (der ankommenden Flüchtlinge) so niedrig bleiben, würden wir über den 12. Mai hinaus keine Verlängerung der Grenzkontrollen durchführen.“ Bis dahin werde die Kontrollintensität heruntergefahren und die Zahl der Bundespolizisten an der Grenze „nach und nach“ verringert.

„Wir sind den Berlinern zu stark“

Das sei auf keiner Ebene abgesprochen, weder auf der politischen noch auf der fachlichen, donnerte Herrmann. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) warf dem Bundesinnenminister einen „selbstherrlichen Führungsstil“ vor und setzte noch eins drauf: „Diese Selbstherrlichkeit richtet sich zunehmend gegen Bayern“, sagte Seehofer der „Mittelbayerischen Zeitung“. „Wir sind den Berlinern einfach zu stark.“

„Auch aus Sicherheitsgründen“, schimpfte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer über Twitter, sei es das völlig falsche Signal, jetzt über ein Ende der Kontrollen zu reden: „Der Stil ist schlecht, der Ansatz falsch und es wird der Sensitivität des Themas nicht gerecht.“

Am Mittwoch präzisierte de Maizières Sprecher die Aussage seines Chefs. Das Ende der Grenzkontrollen durch die Bundespolizei sei vom Bundesinnenminister keinesfalls definitiv angekündigt, sondern nur für den Fall in Aussicht gestellt worden, dass bestimmte Bedingungen bis zum 12. Mai erfüllt seien. Dazu gehörten ein gleichbleibend niedriger Zustrom von Flüchtlingen ohne Aktivierung neuer Flüchtlingsrouten.

Im Grenzgebiet wurde das Ende der Kontrollen durch die Polizei begrüßt, die besonders im Raum Salzburg für erhebliche Verkehrsbehinderungen sorgen. Uneingeschränkt positiv fiel das Echo auf österreichischer Seite aus – dort geht von den Kontrollen durch die deutsche Bundespolizei ohnehin kein Sicherheitsgewinn aus.

Neue Route über den Brenner

Freilich befürchtet der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) neue Probleme an der Brennerroute. Nach der Schließung der Balkanroute gebe es erste deutliche Anzeichen, dass die Flüchtlinge jetzt den Weg über Süditalien Richtung Deutschland nähmen. Platter forderte eine effektive Überwachung der Südgrenze Italiens sowie die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten und Hotspots nach griechischem Vorbild: „Was für die Balkanroute gilt, muss auch für die Italienroute gelten. Wenn Tausende Flüchtlinge am Brenner stranden, ist es zu spät.“

Nicht alle in der CSU zürnen Berlin wegen der geplanten Wiederherstellung der freien Fahrt über die Staatsgrenze. Der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland und ehemalige CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt begrüßte die Ankündigung de Maizières. Die CSU als „Europa-Partei der ersten Stunde“ solle sich für den freien Reiseverkehr als eine der kostbaren Errungenschaften einsetzen, an der sie selbst mitgewirkt habe, erklärte Posselt. Grenzkontrollen seien „höchstens als Notstandsmaßnahme möglich und dürfen nicht über Gebühr ausgedehnt werden“.