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Bayerische Wirtschaft sorgt sich auf hohem Niveau

Bayern / Lesedauer: 3 min

Verbandschef mahnt Änderungen bei Lebensarbeitszeit, Mindestlohn und Zeitarbeit an
Veröffentlicht:25.04.2016, 15:39

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Die wirtschaftliche Lage in Bayern ist weiterhin gut, aber nicht mehr in allen Disziplinen liegt der Freistaat mit seinen Kennziffern in Deutschland vorne. Daran erinnerte der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) Alfred Gaffal am Montag in München. Mit 3,6Prozent verzeichnete Bayern im vergangenen Jahr zwar wieder die niedrigste Arbeitslosenquote unter allen Bundesländern, aber in Sachen Wachstum wurde der Freistaat gleich von fünf Bundesländern überholt.

Gewachsen ist die bayerische Wirtschaft im vergangenen Jahr um 2,1 Prozent, im Nachbarland Baden-Württemberg hingegen um 3,8Prozent. Und auch die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen und das Saarland legten stärker zu. „Es ist ein mahnender Ruf“, sagte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt . Ursachen könnten der in Bayern etwas schwächelnde Bausektor (minus 0,8Prozent) sowie die nachlassende Weltkonjunktur für die besonders vom Export abhängige Maschinenbauindustrie sein, während im Nachbarland die Automobilbauer Daimler und Porsche besonders zulegen konnten.

Das sind allerdings Besorgnisse auf hohem Niveau. Die Wertschöpfung der bayerischen Industrie legte 2015 um 2,4Prozent zu. Zum Jahresende 2015 waren in Bayern 5,26Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – ein neuer Rekordwert.

Im Laufe des vergangenen Jahres entstanden fast 150000 zusätzliche Jobs und auch in diesem Jahr wird der bayerische Arbeitsmarkt voraussichtlich weiter wachsen. Für Bayern geht die VBW in diesem Jahr von einer Ausweitung des Bruttoinlandsprodukts um 1,8Prozent aus. Für Deutschland werden im Schnitt 1,5Prozent erwartet.

Das alles sei freilich kein Zeichen der Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft sowie einer stabilen Weltkonjunktur, sondern beruhe auch auf viel Glück, sagte VBW-Präsident Gaffal. Ohne den exportfreundlichen Eurowechselkurs, die niedrigen Zinsen und den günstigen Ölpreis sähe die Lage anders aus.

Forderung nach Strompreisbremse

Bisher habe die schwarz-rote Bundesregierung „vor allem Sozialpolitik und Umverteilung“ sowie den Rückbau der „Agenda2010“ betrieben, jetzt müsse sie endlich etwas zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft tun, forderte der bayerische Arbeitgeberpräsident. Dazu gehöre ein Energiekonzept mit Strompreisbremse, eine Anpassung der Lebensarbeitszeit nach oben sowie Entscheidungen in Sachen Mindestlohn, Zeitarbeit und Erbschaftsrecht. „Es wäre schön, wenn in diesen Dingen mal Klarheit herrschen würde“, sagte Gaffal.

Die Arbeitskosten in der westdeutschen Industrie von 40Euro pro Stunde dürften nicht weiter steigen, wenn nicht Wertschöpfung in großem Stil ins Ausland verlagert werden soll, warnte Gaffal. Schon jetzt spiele bei Direktinvestitionen der bayerischen Industrie schwerpunktmäßig „die Musik im Ausland“.

Bei diesen Warnungen dürften auch die laufenden Tarifverhandlungen in der Metallindustrie in Bayern eine Rolle spielen, die am kommenden Donnerstag fortgesetzt werden. Mit Ablauf dieses Tages endet auch die Friedenspflicht in der Branche. Danach sind Streiks möglich. Die Arbeitgeber haben bislang insgesamt 1,2 Prozent mehr Geld angeboten, die Gewerkschaft fordert fünf Prozent.

„Was hier derzeit an Forderungen der Gewerkschaften im Raum steht, ist realitätsfern“, sagte Gaffal und warnte: „Die Industrie ist der Wirtschaftszweig, der am wenigsten an den Standort gebunden ist.“