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Diskurs

Wolffsohn: Staat muss Gewaltmonopol durchsetzen

Baden-Württemberg / Lesedauer: 2 min

Historiker stellt im Medienhaus Ravensburg Thesen seiner neuen Streitschrift vor
Veröffentlicht:19.09.2016, 21:26

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Zivilcourage gilt gemeinhin als positiv besetzter Begriff. Nicht so für den Historiker und Autor Michael Wolffsohn – jedenfalls dann nicht, wenn der Staat sie vom Bürger einfordert.

Der Aufruf von Politikern zur Zivilcourage sei nichts anderes als eine Bankrotterklärung, sagte Wolffsohn am Mittwochabend im Medienhaus Ravensburg. Er bedeute nichts anderes, als dass der Staat die Sicherheit seiner Bürger nicht gewährleisten könne.

Im Gespräch mit Christoph Plate , dem stellvertretenden Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“, erläuterte Wolffsohn vor etwa 80 Zuhörern die zentralen Thesen seiner jüngst erschienenen Streitschrift „Zivilcourage: Wie der Staat seine Bürger im Stich lässt“. „Was können wir gegen jugendliche Gewalttäter machen?“, fragte Wolffsohn rhetorisch. „Nichts! Das ist geradezu Selbstmord“. Vielmehr müsse der Staat sein Gewaltmonopol – eine „zivilisatorische Errungenschaft“ – durchsetzen. Die großen Parteien hätten aber über Jahrzehnte an der Polizei gespart, weil Gefahren für die Sicherheit nicht wahrgenommen worden seien.

„Ich bin nicht bereit als Bürger dieses Staates, den Staat aus seiner elementaren Verantwortung zu lassen“, so Wolffsohn. Er warnte vor einer „Zerbröselung“ des staatlichen Gewaltmonopols. Eine Gefahr gehe insbesondere von der Verlagerung nahöstlicher Konflikte nach Deutschland und Westeuropa aus, und das nicht erst seit eine hohe Zahl an Flüchtlingen nach Deutschland gekommen ist, sondern schon lange zuvor. Der Historiker zog in diesem Zusammenhang einen Bogen von den ersten Flugzeugattentaten Ende der 1960er-Jahre über das Münchner Olympia-Attentat 1972 bis hin zu den jüngsten Anschlägen in Frankreich.

Für eine friedliche Gesellschaft sei das Wahren von „Zivilität“ nötig, sagte Wolffsohn – verstanden als eine gegenseitige Rücksichtnahme und den Verzicht auf Gewalt als gesellschaftlicher Grundkonsens.

Michael Wolffsohn: Zivilcourage. 7,90 Euro, dtv Sachbuch, 96 Seiten, 2. Auflage 2016