Am Tag, bevor die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen wurde, hat sie sich anscheinend verfolgt gefühlt. Wie der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock am Freitag im Untersuchungsausschuss unter Berufung auf Ermittlungsakten sagte, war sie an diesem Tag mit einem Polizeikollegen in einer Böblinger Pizzeria unterwegs. Und der meinte Jahre später in einem Phantombild Ähnlichkeiten zu einem Mann zu erkennen, der den beiden an diesem Tag aufgefallen war.
Das Phantombild stammt aus dem Jahre 2010 und ist nach den Angaben von Martin A., dem beim Heilbronner Mordanschlag 2007 schwerst verletzten Streifenkollegen Kiesewetters, angefertigt worden. Der damalige Leiter der Soko Parkplatz, Alexander Mögelin , ließ die Spur trotzdem nicht weiterverfolgen. Und das, obwohl die Polizei das Bild anfangs bei Befragungen einsetzte und überlegte, mit ihm an die Öffentlichkeit zu gehen.
Die Hände gebunden
Grund für den Ermittlungsstopp: Das Phantombild, welches einen dunkelhaarigen Mann zeigt, der den beiden mutmaßlichen Tätern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht mal im Ansatz ähnelt, war nach Ansicht des zuständigen Staatsanwaltes Christoph Meyer-Manoras unbrauchbar. „Da waren uns die Hände gebunden“, sagte Soko-Chef Mögelin am Freitagnachmittag im NSU-Untersuchungsausschuss. Tatsächlich hatte die Staatsanwaltschaft 2010 ein medizinisches Gutachten über Martin A. anfertigen lassen. Das kam zum Schluss, dass der Polizist sich angesichts der schwersten Verletzung durch den Kopfschuss 2007 nicht richtig an die Tat erinnern könne. Auch 2010 nicht, als es ihm sichtlich besser ging.
Damit sei auch das Phantombild für die Ermittler unbrauchbar geworden, so Mögelin. „Fakt ist, dass der Gutachter gesagt hat, das ist nicht verwertbar“, erklärte Mögelin dem Ausschuss. „Es hat keinen Sinn, weiter zu spekulieren“.
Auch Meyer-Manoras sollte dem Ausschuss am Freitag ursprünglich Rede und Antwort stehen. Weil die Zeit knapp wurde, ist die Befragung auf Juli vertagt worden.