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Forsthütte

Skandal um „Waldschloss“: Hütte für 611 000 Euro

Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

Tettnanger Forsthütte kostet 611 000 Euro – Minister prüft Schritte gegen Forstmitarbeiter
Veröffentlicht:24.02.2017, 06:00

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Im Volksmund heißt sie „Waldschlösschen“, nun macht eine Forsthütte ihren Bauherren Ärger: Ein Gebäude für Forstarbeiter in Tannau bei Tettnang (Bodenseekreis) ist mit über 610 000 Euro zu kostspielig ausgefallen. Außerdem war der Bau so nicht genehmigt. Zu diesem Schluss kommt Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU), der den Verantwortlichen am Donnerstag mit Konsequenzen gedroht hat. Der Steuerzahlerbund spricht von Verschwendung öffentlicher Mittel.

Gerüchte über den teuren Bau drangen Hauk im Herbst 2016 zu Ohren, wenige Monate nach seinem Amtsantritt. Der Minister gab eine Prüfung in Auftrag. Im Januar meldete sich außerdem der Bund der Steuerzahler und fragte beim Ministerium nach den Kosten für den 2015 eröffneten Bau.

Am Donnerstag präsentierte Hauk seine vorläufigen Erkenntnisse in Stuttgart: „Dieser Betriebshof hat den für ein solches Projekt vorgesehenen Kostenrahmen überschritten.“ Es seien Fehler gemacht worden. „Mir drängt sich der Eindruck auf, dass die Beteiligten vor Ort von Anfang an etwas Besonderes errichten wollten, das für eine vorbildliche Holzverwendung werben soll“, sagte Hauk. Das begrüße er grundsätzlich. Außerdem benötigten die rund 20 Waldarbeiter vor Ort durchaus den Vorgaben entsprechende Arbeitsplätze, Sanitätsräume und Kühlräume für Wildbret. Aber 611 000 Euro seien viel zu viel.

Gegen geltendes Recht

Noch schlimmer: Man habe sich über geltendes Recht hinweggesetzt. Nur Projekte und Kosten, die das Ministerium in den Haushaltsplan aufnehme, dürften wie beantragt gebaut werden. Hauk: „Diese Planungen waren aber so nicht genehmigt.“

Ideengeber war der Tettnanger Revierleiter Roland Teufel. Er sagte am Donnerstag: „Wir wollten zeigen, was man heute aus Holz bauen kann – wer, wenn nicht wir.“ Solche Projekte fordere das Landwirtschaftsministerium immer wieder, um für lokales Holz und nachhaltige Nutzung zu werben. So beauftragte man das renommierte Architektenbüro Ludescher aus Bregenz. Heraus kam ein mittlerweile preisgekrönter Bau der Extraklasse.

Wer wann die Regeln verletzt hat, ist noch nicht genau geklärt. Normalerweise planen Revierleiter und örtliches Forstamt einen solchen Bau. Anschließend melden sie ihr Vorhaben an das Regierungspräsidium Freiburg, das Bauprojekte des Landesbetriebs ForstBW in ganz Baden-Württemberg betreut. Nach einer Prüfung von Kosten und Plausibilität meldet er das Projekt und die benötigten Mittel beim Ministerium an. Dieses prüft erneut und nimmt den Bau dann in seinen Haushaltsplan auf. Dieser wird schließlich vom Landtag verabschiedet.

Im Fall Tannau hat das Regierungspräsidium Freiburg lediglich ein kleines Gebäude für 150 000 Euro beim Ministerium angemeldet. Der Kreis veränderte seine Pläne später. Dabei stiegen die geplanten Kosten auf 350 000 Euro – durchaus üblich für ähnliche Gebäude. Die Änderungen wurden in Freiburg genehmigt, aber laut Hauk nicht nach Stuttgart gemeldet. Dass die Kosten sich später fast verdoppelten, sei ebenfalls nicht abgesegnet worden.

Pläne nicht genehmigt

Spätestens als die Kostenpläne der Architekten vorlagen, hätte man in Stuttgart erneut um Genehmigung bitten müssen: Diese beliefen sich auf 472 000 Euro – ohne Erschließung und Innenausstattung. Wie spärlich der Informationsfluss zwischen Bodensee, Freiburg und Stuttgart war, zeigt eine weitere Tatsache: Im Landeshaushalt ist der Bau für 2016 eingeplant, mit 150 000 Euro. Feierlich eröffnet wurde er schon 2015.

Revierleiter Teufel sagte, ihm sei unerklärlich, warum die geänderten Planungen nicht nach Stuttgart gelangt seien. Sein Chef, Forstamtsleiter Michael Strütt, wollte sich nicht äußern. Er dürfe nur in Absprache mit dem Ministerium reden. Dessen Hausherr Hauk hatte allerdings am Morgen in Stuttgart verneint, dass es einen Maulkorb für Forstmitarbeiter vor Ort gebe. Auch das Regierungspräsidium Freiburg wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern.

Der Minister prüft jetzt disziplinarische Konsequenzen für die Verantwortlichen in Freiburg und Friedrichshafen: „Hier wurden offensichtlich Befugnisse überschritten.“

Außerdem interessiert Hauk, wie das Kreisforstamt die Rechnungen bezahlt hat. Denn nominell wurden die 150000 Euro ja erst 2016 vom Land bereitgestellt. Aus dem Umfeld des Amtes heißt es, man habe Geld durch Holzverkauf erwirtschaftet und investiert. Das wäre aber eine Zweckentfremdung der Mittel. ForstBW ist ein Landesbetrieb und muss Überschüsse zu großen Teilen ans Land überweisen.

Ab sofort muss jedes Bauprojekt bei ForstBW eng vom Ministerium begleitet werden. Das „Waldschlösschen“ soll nun über seine eigentliche Aufgabe hinaus genutzt werden, etwa für waldpädagogische Projekte.