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Kritik

Nationalpark nutzt Importholz?

Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

Warum Naturschützer und Sägewerkbetreiber Druck auf die Landesregierung machen
Veröffentlicht:01.11.2016, 18:18

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Das Holz für das neue Besucherzentrum im Nationalpark Schwarzwald kommt vielleicht nicht aus Baden-Württemberg, sondern aus dem Ausland. Die Landesregierung will die Ausschreibung nicht so anpassen, dass nur regionales Holz verbaut wird. „Das Holz soll Hunderte, wenn nicht Tausende Kilometer unter großen Umweltbelastungen angekarrt werden. Das ist absurd“, sagt die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. Wilhelm Schilling vom Verband der Sägeindustrie wirft der Landesregierung vor, erneut zu wenig zur Förderung der regionalen Holzwirtschaft zu tun. Kritik übt auch der CDU-Abgeordnete Raimund Haser: „Wenn es möglich ist, unsere Polizei mit Fahrzeugen aus Baden-Württemberg auszustatten, obwohl ein Opel bestimmt günstiger wäre, ist es schwer zu glauben, dass es hier keinen Weg geben soll, die Ausschreibung entsprechend zu gestalten.“

Es soll ein Aushängeschild werden für den Nationalpark Schwarzwald: das neue Besucherzentrum, eine spektakuläre Konstruktion mit durchgängiger Holzfassade. Doch ob das Holz für den Bau überhaupt aus dem Schwarzwald oder wenigstens aus Baden-Württemberg kommt, ist offen. So könnte am Ende ein Gebäude aus ukrainischen Weißtannen für Nachhaltigkeit, Regionalität und Klimaschutz im Schwarzwald werben. Das Land als Bauherr nimmt das hin – aus Angst vor Konflikten mit dem EU-Recht.

32 Millionen Kosten

32 Millionen Euro lässt sich die grün-schwarze Landesregierung das Besucherzentrum kosten. Bis 2018 soll es fertig sein. Die Fassade soll an Rinde erinnern, die Gebäudeaufteilung an übereinanderliegende Tothölzer – wie sie für den Urwald im Nationalpark charakteristisch sind. Bereits seit Monaten mahnen die Naturschutzverbände Nabu und BUND sowie der Verband der Sägewerks- und Holzindustrie (VSH), die Ausschreibung für den Bau zu konkretisieren. In einem Briefwechsel mit dem zuständigen Landesbetrieb Vermögen und Bau fordern sie das Land auf, sicherzustellen, dass Bäume aus der Region verbaut werden.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser hat bei der Landesregierung dazu nachgefragt. Die Antwort: Das Land bereitet die Ausschreibung vor. „Das Besucherzentrum steht für Nachhaltigkeit und ökologisches Verhalten der Region und des Landes Baden-Württemberg. Um das glaubwürdig tun zu können, spielt eine nachhaltige Bauweise ebenso eine Rolle wie die Verwendung nachhaltiger Baumaterialien“, sagt eine Sprecherin des Finanzministeriums, das für den Bau zuständig ist.

Wettbewerb nicht beschränkbar

Es folgt das große Aber: „Ein öffentlicher Auftraggeber darf den Wettbewerb grundsätzlich weder regional noch lokal beschränken. Die Gleichbehandlung von Teilnehmern am Wettbewerb gehört zu den Grundprinzipien des Vergaberechts. Deshalb können Herkunft oder Verarbeitungsort der Bäume nicht festgelegt werden.“ Daher wird die Ausschreibung zwar fordern, heimische Hölzer zu verbauen. Nur woher diese kommen, wird nicht vorgegeben. Wenn also der Auftragnehmer Weißtanne, Buche und Fichte einsetzen muss, könnte dieses Holz aus anderen Ländern stammen. „Mittlerweile kommen bis zu 50 Prozent des Konstruktionsvollholzes nicht aus Deutschland“, sagt Wilhelm Schilling, Präsident des Verbands der Säge- und Holzindustrie (VSH). „Oft wird ausländisches Holz in Deutschland verarbeitet und man lässt die Menschen im Glauben, es komme von hier.“

Zwar soll das Holz für das Besucherzentrum das FSC-Siegel tragen, das eine nachhaltige Waldbewirtschaftung garantiert. Allerdings kritisieren Naturschützer, dass gerade in Osteuropa und Skandinavien oft weniger streng kontrolliert wird, sogar Raubbau an der Natur unter dem FSC-Deckmantel geschieht. Das Holz könnte außerdem Tausende Kilometer hinter sich haben, bis es im Schwarzwald verbaut wird.

Nabu, BUND und VSH verweisen auf ein Gutachten des Aachener Professors Walter Frenz, das dieser im Auftrag der Organisation „Holz von Hier“ erstellt hat. Der Experte für EU-Vergaberecht kommt zu einem anderen Schluss als die Juristen des Landes. Da der Klimaschutz ein hohes Gut in der EU sei, dürfe man die Wettbewerbsfreiheit einschränken, um dieses Ziel zu verwirklichen. Naturschützer und Sägewerksbesitzer unterbreiten dem Land einen Vorschlag, wie man sicherstellen könnte, dass Bäume aus Baden-Württemberg zum Einsatz kommen. Produkte mit dem Label „Holz von Hier“ bieten aus ihrer Sicht genau dieses (siehe Kasten). Das Label hat zahlreiche renommierte Partner, einer ist der landeseigene Betrieb Forst BW. Mittlerweile beteiligen sich 160 Betriebe in ganz Deutschland an dem System, rund die Hälfte aus Baden-Württemberg. Die Verwendung des Siegels wäre aus Sicht des Gutachters Frenz auch aus rechtlichen Gründen zulässig: Es schreibe dem Auftragnehmer nur vor, wo er das Holz kaufen müsse – woher der Auftragnehmer selbst stammt, werde nicht vorgegeben. Damit sei die Wettbewerbsfreiheit nicht allzu sehr eingeschränkt.

Spezielle Produkte nötig

Doch der Landesbetrieb Vermögen und Bau bleibt dabei: Holz aus der Region zu fordern, würde rechtliche Probleme bringen. Außerdem befürchten die Beamten noch an anderer Stelle Schwierigkeiten: Da man für den Bau des Besucherzentrums spezielle Holzprodukte benötigt, könnte es aus Sicht des Landes schwierig werden, genau diese aus der Region zu bekommen. Philipp Strohmeier vom Label „Holz von Hier“ sieht das anders: „Für die geforderten Hölzer und Produkte gibt es in Baden-Württemberg ausreichend Lieferanten.“