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Lehrerausbildung wird familienfreundlicher

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Lehrerausbildung wird familienfreundlicher
Veröffentlicht:04.10.2017, 13:52

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Angehende Lehrer sollen ihr Referendariat bald in Teilzeit absolvieren können. Mit ihrem Vorstoß will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken. Das geht aus einer Kabinettsvorlage für die Sitzung des Ministerrats am Dienstag hervor, die der „Schwäbischen Zeitung“ vorliegt. Eisenmanns Parteifreund und Justizminister Guido Wolf sieht derzeit keine Rechtsgrundlage, auch angehenden Juristen diese Möglichkeit zu geben.

Andere Bundesländer sind schon weiter

Es ist keine ganz neue Idee, die die Kultusministerin aufgreift. Verbände wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie verschiedene Arbeitnehmervertreter fordern ein Referendariat in Teilzeit schon lange. In neun anderen Bundesländern sind entsprechende Regelungen derzeit in Arbeit oder bereits eingeführt - unter anderem in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen.

Nach Eisenmanns Wunsch sollen Lehreranwärter dann ihr Referendariat in Teilzeit beantragen können, wenn sie Kinder unter 18 Jahren betreuen oder Angehörige pflegen. Auch für schwerbehinderte Referendare soll Teilzeit auf Wunsch möglich sein. „Das ist natürlich auch ein Mittel der Attraktivitätssteigerung“, sagt Eisenmann der „Schwäbischen Zeitung“ auf Nachfrage. Gerade an Grundschulen, wo vor allem Frauen tätig sind, gibt es derzeit einen massiven Lehrermangel. „Es ist entscheidend, auf die individuelle Lebenswirklichkeit der Menschen einzugehen“, so Eisenmann weiter. „Wir Politiker fordern von der Wirtschaft, möglichst flexibel zu sein. Da sind wir als öffentliche Hand dann genauso gefordert.“

Das erarbeitete Modell sieht vor, das Referendariat von den üblichen 18 Monaten auf 30 Monate zu strecken. Die Teilzeit umfasst 60 Prozent der normalen Arbeitszeit, individuelle Quoten soll es nicht geben. Wie viele Lehreranwärter die Option in Anspruch nehmen werden, sei schwer abzuschätzen, heißt es in der Kabinettsvorlage. Das Kultusministerium rechnet aber mit weniger als einem Prozent der rund 5500 Referendare jährlich.

Mehrkosten? Fehlanzeige

Wesentliche Mehrkosten entstünden dadurch nicht. Der erwartete höhere Organisationsaufwand könne vom bestehenden Personal bearbeitet werden, wie das Kultusministerium in der Vorlage erläutert. Mehr Lohn erhielten die Anwärter ohnehin nicht, die hypothetischen Mehrkosten für Beihilfen fielen nicht ins Gewicht.

Nach dem Landesbeamtengesetz können bislang nur Beamte Teilzeit beantragen, nicht aber Anwärter. Um ihr Vorhaben umsetzen zu können, braucht die Kultusministerin also die Unterstützung ihrer Kabinettskollegen, um das Gesetz zu ändern. Die habe sie auch, sagt Eisenmann. „Die Kabinettsvorlage wird so durchgehen.“ Schließlich sei sie mit den anderen Ressortchefs und den Regierungsfraktionen von Grünen und CDU abgestimmt.

Justizministerium äußert sich

Auch Justizminister Guido Wolf will seinen Rechtsreferendaren die Teilzeit-Möglichkeit bieten. Das scheitere aber derzeit noch am Bundesrecht, wie das Justizministerium auf Anfrage mitteilt. „Wir haben unseren Kollegen aus den anderen Bundesländern bereits im vergangenen Jahr ein Modell für ein Teilzeitreferendariat vorgeschlagen“, erklärt Wolf. „Ich bin daher zuversichtlich, dass wir alsbald bundesweit die notwendigen Rechtsgrundlagen schaffen, um dieses zukunftsweisende Modell einführen zu können. Die Unterstützung junger Familien ist eine staatliche Querschnittsaufgabe, zu der wir als Justiz gerne einen Beitrag leisten.“

Wenn die Vorlage wie von Eisenmann erwartet vom Kabinett am Dienstag verabschiedet wird, muss das Innenministerium von Thomas Strobl (CDU) die entsprechende Änderung des Landesbeamtengesetzes erarbeiten. Dann nimmt der Gesetzentwurf seinen Weg durch das parlamentarische Verfahren. Bis zum nächsten Referendariatsstart im Frühjahr wird es laut Eisenmann nicht verabschiedet sein. Somit könnten wohl erstmals Referendare zum Frühjahr 2019 in Teilzeit starten.