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Gebühren

Hochschulen fürchten um ihre Internationalität

Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

Nach Einführung neuer Gebühren – SPD kritisiert bürokratische Hürden
Veröffentlicht:18.10.2017, 16:59

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1500 Euro pro Halbjahr müssen Studenten, die nicht aus einem EU-Land stammen, ab dem Wintersemester 2017/18 für ihr Studium in Baden-Württemberg bezahlen. Einige Hochschulen verzeichnen leicht rückläufige Bewerberzahlen aus dem Ausland und fürchten um ihre Internationalität. Während Studierende die Gebühren schon zahlen müssen, hakt es nach Ansicht der SPD bei der versprochenen Befreiung für besonders Begabte.

Es gebe bereits Anfragen, wie ausländische Studenten ihr Studium finanzieren können, sagt Maria Schorpp , Sprecherin der Universität Konstanz: „Auch wurde nachgefragt, ob die Gebühren zum Beispiel in Raten bezahlt werden können.“ Manche Studierende würden sich noch überlegen, ob sie lieber einen Studienplatz in einem anderen Bundesland annehmen sollen, sagt Schorpp. Das ist auch den Verantwortlichen an der Hochschule Biberach aufgefallen. „Das wirkt sich natürlich aus, da diese Studierenden nun eher Hochschulen und Universitäten in anderen Bundesländern ansteuern, in denen sie keine Gebühren zahlen müssen“, sagt Norbert Büchter, Prorektor für Studium und internationale Angelegenheiten. In der Regel kämen etwa 100 ausländische Studierende im Jahr nach Biberach.

Zahlreiche Ausnahmen

Das neue Gesetz sieht aber zahlreiche Fälle vor, in denen Hochschulen Bewerber von den Semesterbeiträgen befreien können. Austauschstudenten müssen ebenso wenig zahlen wie junge Menschen, die in Deutschland Anspruch auf Bafög haben, etwa Flüchtlinge mit Bleiberecht. Außerdem dürfen die Hochschulen besonders begabten Bewerbern die 1500 Euro pro Halbjahr erlassen. Doch dazu müssen sie eine eigen Satzung verabschieden, die die Bedingungen und das Auswahlverfahren regelt. Die SPD wollte dazu Details von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wissen. Fazit: Sieben Hochschulen im Land haben bereits entschieden, eine solche Satzung gar nicht erst zu verabschieden, 22 prüfen noch. Unter ihnen ist die Hochschule Ulm. Die Anforderungen an eine solche Satzung seien hoch und würden viel bürokratischen Aufwand bedeuten, heißt es dort. Deswegen habe sich die Hochschulleitung zunächst dagegen entschieden. „Das macht einmal mehr deutlich, welche Benachteiligung nun für Studierende aus Nicht-EU-Ländern mit der Einführung von Studiengebühren entsteht“, moniert die hochschulpolitische Sprecherin der SPD, Gabi Rolland.

An der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz sei die Bewerberzahlen von Studieninteressierten aus Nicht-EU-Ländern im Vergleich zum letzten Wintersemester zurückgegangen. In diesem Jahr würden sich etwa ein Viertel weniger als 2016 einschreiben. Einen direkten Zusammenhang zwischen den Gebühren und den rückläufigen Bewerberzahlen wollen die Hochschulsprecher aber noch nicht herstellen. Schon bisher sei das Studium in Baden-Württemberg für ausländische Studierende nicht billig: Sie mussten Bürgen benennen und mit einer Summe auf einem Sperrkonto belegen, dass sie ihren Aufenthalt finanzieren können, erklärt Anja Wischer von der HTWG: „Die Zahl der Bewerber schwankt immer mal wieder.“ Ob das jedoch an den Gebühren liegt, könne man noch nicht sagen. „Kämen weniger ausländische Studierende an die HTWG, wäre das ein großer Verlust. Das Studium bringt für alle Studierenden mehr Gewinn, wenn verschiedene Kulturen zusammen arbeiten – interdisziplinär wie international.“

Internationalisierung als wichtiger Faktor

An der Hochschule Aalen seien die Zahlen zunächst konstant, sagt Sabine Stradinger, Leiterin der studentischen Abteilung. Ob die Gebühren sich auswirken werden, könne die Hochschule noch nicht abschätzen, ergänzt Rektor Gerhard Schneider: „Wir werden dies in den kommenden Semestern aber genau beobachten. Für uns als Hochschule ist es sehr wichtig, die Internationalisierung weiter voranzutreiben.“

Die Aalener Hochschule sei aber öfter mit Fällen konfrontiert, in denen ausländische Studierende finanzielle Probleme hätten, sagt Martina Kübler vom Akademischen Auslandsamt: „In den vergangenen Monaten wurden wir auf mindestens zwei Fälle aufmerksam gemacht, wo ausländische Bachelor-Absolventen wegen der Studiengebühren gezögert haben, sich für das Masterstudium in Aalen zu bewerben.“

Klage gegen Studiengebühren

Ein vietnamesischer Student des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe eine Klage gegen Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer eingereicht – die dritte von vier Klagen, die von der Verfassten Studierendenschaft angestrengt wurden. „Die Studiengebühren verstoßen gegen den UN-Sozialpakt, den Gleichheitsgrundsatz sowie die Landesverfassung Baden-Württembergs“, sagte Zacharias Heck Vorsitzender des Studierendenausschusses AStA am KIT.

In Freiburg und Hohenheim wurden bereits Klagen eingereicht. In Tübingen soll dies in Kürze geschehen. Das Wissenschaftsministerium erklärt, die Gebühren im internationalen Vergleich seien moderat. Nicht-EU-Studierende kämen großteils aus China und Indien, wo die Gebühren sich jährlich auf bis zu 10.000 Euro summieren könnten. Das Ministerium will die Gebühren für seinen Anteil zum Ausgleich des Landeshaushaltes nutzen. Das Geld soll zudem in die bessere Betreuung von ausländischen Studierenden fließen, sagt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. (mag/lsw)