StartseiteRegionalBaden-WürttembergHauk sieht Ausbaupotential bei Öko-Landbau

Ausbaupotential

Hauk sieht Ausbaupotential bei Öko-Landbau

Baden-Württemberg / Lesedauer: 6 min

Der neue Landwirtschaftsminister im Interview
Veröffentlicht:26.05.2016, 18:13

Artikel teilen:

Direkt nach seinem Amtsantritt muss sich Peter Hauk ( CDU ), Minister für den ländlichen Raum, mit der Milchpreis-Krise auseinandersetzen. Welche Vorschläge er zu deren Lösung hat, was er anders machen will als sein Vorgänger Alexander Bonde (Grüne) und warum er das Freihandelsabkommen TTIP befürwortet, erzählt er im Gespräch mit Katja Korf.

Herr Hauk, Sie sind zurück an alter Wirkungsstätte, nach fünf Jahren ist das Ministerium wieder in CDU-Hand. Was wollen Sie konkret verändern?

Die Kommunikation mit den Landwirten, aber auch, dass wieder mehr über die Landwirtschaft geredet wird. Das muss sich deutlich verbessern. Ich will alles daran setzen, dass wir mit den konventionellen genauso wie mit den Biobauern ein gedeihliches Miteinander haben. Wir brauchen beide Betriebsformen zur Bewirtschaftung der Fläche, denn nur mit ihnen können wir unsere Kulturlandschaft erhalten.

Im Koalitionsvertrag mit den Grünen nimmt Ökolandbau einen großen Stellenwert ein. Wo ist die schwarze Tinte, also die CDU-Positionen zur Landwirtschaft?

Das ist durchaus auch CDU-Linie. Baden-Württembergs Bürger sind relativ wohlhabend. Sie können sich mehr leisten, auch beim Lebensmittelkauf. Die biologische Produktionsweise ist aufwändig, sie kostet den Landwirt mehr Geld. Käufer müssen bereit sein, das zu bezahlen. Da hat Baden-Württemberg ein viel höheres Potenzial als etwa Mecklenburg-Vorpommern. Aktuell neun Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Land werden für den Ökolandbau genutzt. Hier gibt es noch Ausbaupotential.

Gilt das nur für Bioprodukte?

Auf keinen Fall. Bio ist nicht automatisch regional, aber wir müssen den Absatz regionaler Produkte insgesamt stärker fördern. Es gibt die Marketing-Gesellschaft Baden-Württemberg, die heimische Erzeugnisse bewirbt. Deren Auftreten und deren Arbeit muss sich weiter verbessern. Es muss im Bewusstsein der Verbraucher sein: Grüne Wiesen oder den heimischen Weinberg gibt es nur auf Dauer, wenn ich auch die Produkte der Landwirte kaufe, die solche Flächen bewirtschaften.

Sie haben bereits angekündigt, einen runden Tisch zum Milchpreis einzuberufen. Was muss sich tun, um die Lage der Milchbauern zu verbessern?

Ich will zunächst einmal Anfang Juni mit allen Marktpartnern sprechen. Wir brauchen hier mehr Flexibilität. Die Genossenschaften müssen besser planen können. Hier braucht es Steuerungsinstrumente bei Menge und Preis.

Wie könnten neue Mechanismen für den Milchmarkt und ihre rechtlichen Grundlagen aussehen?

Wir werden mit Sicherheit nicht wieder zu einer staatlichen Milchquote zurückkehren. Das wäre ein Rückfall in die Planwirtschaft. Aber wenn eine Mehrheit der Marktpartner sich beispielsweise auf eine Mengenreduzierung einigt, dann wäre diese Vereinbarung für alle Molkereien und ihre Abnehmer verpflichtend. Das wäre dann ähnlich wie bei Tarifverhandlungen. Die entsprechenden Gesetzesvorlagen zum Agrarmarktstrukturgesetz werden gerade in Berlin beraten und hoffentlich im kommenden Monat beschlossen.

Gibt es weitere Maßnahmen, für die Sie sich in Berlin einsetzen?

Zum einen setze ich mich mit meinen Ministerkollegen aus den anderen Bundesländern dafür ein, dass der Bundeszuschuss für die landwirtschaftliche Unfallversicherung erhöht wird. Außerdem müssen Landwirte den Kapitalgesellschaften steuerlich gleichgestellt werden: Dann müssten sie ihre Gewinne nicht pro Jahr versteuern, sondern könnten sie über drei Jahre glätten. Das würde Schwankungen ausgleichen.

Sie sind ein Befürworter des Freihandelsabkommens TTIP. Kleine Familienbetriebe fürchten, zu den Verlierern zu gehören.

Diese Sorge teile ich nicht. Die Wirtschaft von Baden-Württemberg wird von TTIP insgesamt profitieren. Ein Drittel unserer Arbeitsplätze hängt vom Export ab. Die USA sind nach der EU unser größter Handelspartner. Wir werden unsere Standards nicht aufgeben. Zum Beispiel das berühmte Chlorhuhn: In den USA taucht man ein Hähnchen nach der Schlachtung zum Schutz vor Salmonellen in Chlor. Die Standards sind also offensichtlich unterschiedlich, aber keines der Verfahren führt zu einer Erkrankung. Man muss unterschiedliche Produkte unterschiedlich kennzeichnen. Das heißt: wo ein Chlorhähnchen drin ist, muss auch Chlorhähnchen sichtbar drauf stehen. Ich setze auf den mündigen Verbraucher. Wenn Produkte klar gekennzeichnet sind, dann entscheidet er, was er kaufen will und was nicht.

Glauben Sie, dass durch TTIP der Preisdruck auf Landwirte weiter steigt?

TTIP bietet auch Chancen. Der amerikanische Markt hat 230 Millionen Verbraucher, er kann durchaus interessant sein für unsere deutsche und baden-württembergischen Ernährungsprodukte. Warum soll der „German Bergkäse“ nicht ein Verkaufsschlager in den USA werden?

Ihr Haus vergibt wichtige Fördergelder für den ländlichen Raum. Wollen Sie etwa beim ELR-Programm die Richtlinien anpassen?

Jetzt schauen wir erst mal, ob die mit ELR beabsichtigen Ziele erreicht werden. Erst dann kann man sehen, was gegebenenfalls geändert werden muss. Unser Oberziel ist: Wir wollen allen Menschen im ländlichen Raum eine Perspektive geben.

Wie wollen Sie das tun?

Wir haben vereinbart, einen Kabinettsausschuss dazu einzurichten. Das ist der einzige Kabinettsausschuss, der ressortübergreifend Strategien erarbeiten soll. Wenn man etwa über Ärzte und Pflege auf dem Land redet, muss der Sozialminister mit ins Boot. Wenn es um Mobilität geht, gehört das Verkehrsministerium dazu. Wir wollen den Menschen im Ländlichen Raum über das Jahr 2030, 2040 hinaus Perspektiven bieten. Ballungsräume darf man nicht überlasten: Wohnungsnot, Kriminalität, soziale Probleme nehmen in Städten wie Stuttgart zu. Dagegen erscheinen Mittelstädte wie Ravensburg wie das Paradies auf Erden. Wir müssen die Infrastruktur so verbessern, dass die Menschen dort auch ihre Bedürfnisse befriedigen können. Ich bin zuversichtlich, dass das klappt: Es wird auf dem Land anders sein als in der Stadt, aber genauso gut.

Die CDU war gegen das von den Grünen durchgesetzte Grünlandumbruchverbot. Werden Sie das nun kippen?

Grünland ist wichtig für den Klima- und Artenschutz. Aber ein pauschales Umbruchverbot für ganz Baden-Württemberg nimmt den Landwirten die Möglichkeit, sich mit seinen Produktionsflächen am Markt auszurichten. Als CDU würden dieses Verbot am liebsten sofort aufheben. Leider machen uns da in der Förderung die EU-Vorgaben zum so genannten Greening einen Strich durch die Rechnung. Wir müssen deshalb zunächst mal mit der EU klären, was wir da noch tun können, damit die Fördergelder nicht gefährdet werden.

Sie hatten im Wahlkampf versprochen, das Jagdgesetz innerhalb eines Jahres zu novellieren. Können Sie dieses Versprechen einlösen?

Wir hatten das versprochen für den Fall, dass wir notwendige Mehrheiten dazu bekommen. Mit 27 Prozent haben wir diese nicht. Einige Änderungen werden wir aber vornehmen, etwa bei der Wildschadensregulierung oder der Frage der Jagdruhezeiten für Schwarzwild. Wir brauchen die Jäger, um das ökologische Gleichgewicht zwischen Wald und Wild aufrechtzuerhalten. Wir müssen die konfrontative Stimmung wieder beruhigen und zu einer Partnerschaft mit den Jägern, den Landnutzern und Eigentürmern zurückkommen.