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Grüne Basis kippt Frauenpolitikerin aus dem Landtag

Baden-Württemberg / Lesedauer: 2 min

Landtagsabgeordnete verliert gegen männlichen Konkurrenten und erhebt schwere Vorwürfe
Veröffentlicht:28.04.2015, 19:49

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Die frauenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion hat bei der erneuten Nominierung zur Landtagswahl 2016 ihren Wahlkreis klar verloren–an einen Mann. In der Partei, die sich einen höheren Frauenanteil im Landesparlament groß auf die Fahnen geschrieben hat, herrscht nun Aufregung. Auch weil die bei der Wahl unterlegene Landtagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel schwere Vorwürfe gegen einen Parteifreund erhebt.

Letzte Qualifikation Frausein?

„Wir würden ja gerne eine Kandidatin wählen, aber außer, dass Charlotte eine Frau ist, hat sie keine weiteren Qualifikationen“, soll Grünen-Kreisvorstand Rolf Gramm bei der Nominierungsversammlung gesagt haben. Der widerspricht, doch die Abgeordnete beharrt auf ihrer Darstellung.

Als die CDU-Fraktion im Landtag vor fast vier Monaten einen Mann zum neuen Landtagspräsidenten kürte, sprach die Grünen-Abgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel noch von einem „bitteren Tag“ für die unterlegene Mitbewerberin. Nun erlebte sie selbst einen solchen: Die grüne Basis im Wahlkreis Sinsheim lehnte die Bewerbung der Abgeordneten auf eine neue Kandidatur ab und schickt ihren Mitbewerber Hermann Katzenstein in den Landtagswahlkampf 2016. „Also ich find’s blöd“, kommentierte die grüne Staatsministerin Silke Krebs das Basisvotum im Netzwerk Facebook. Der Landesfrauenrat ist sogar „bestürzt“: „Charlotte Schneidewind-Hartnagel kann sich unserer Solidarität sicher sein“, erklärt Landesfrauenratsvorsitzende Manuela Rukavina. „Wir alle sind entsetzt über diesen Vorgang. Besonders von den Grünen, mit ihrem parteiinternen Frauenstatut, haben wir dies nicht erwartet.“

Neues Wahlrecht gefordert

Die grüne Landesspitze gibt sich bedeckt: Die frauenpolitische Sprecherin kann in eigener Sache nichts sagen, die Grünenfraktion verweist auf die Landespartei. Deren Vorsitzende Thekla Walker erklärt, dass bei Nominierungen die Basis entscheide. Grundsätzlich aber brauche es eine Wahlrechtsänderung im Land hin zu Nominierungslisten. „Ein 18-prozentiger Frauenanteil im Parlament ist einfach erbärmlich wenig“, sagt Walker. Ob der im nächsten Landtag höher liegt, ist offen: Die Nominierungen laufen noch, auch andere Abgeordnete wurden bereits abgestraft. Bei der CDU verlor Jutta Schiller (Göppingen) ihre Kandidatur an Simon Weißenfels, dafür setzte sich Sylvia Felder (Rastatt) gegen den Abgeordneten Karl-Wolfgang Jägel durch. Die Grünen haben alle anderen weiblichen Abgeordneten bisher bestätigt. „Es ist aber schon abzusehen, dass im nächsten Landtag weniger Frauen für die Grünen sitzen“, fürchtet Schneidewind-Hartnagel. Selbst will sie nicht anderswo kandidieren und auch das Votum nicht persönlich nehmen, betont sie. Doch unabhängig davon sei es „ein Unding, eine amtierende grüne Mandatsträgerin abzuwählen“ und durch einen Mann (plus männlichem Ersatzkandidaten) zu ersetzen.

Das entspreche nicht dem Frauenstatut der Partei, für den sich die die frauenpolitische Sprecherin bis zur Wahl 2016 weiter einsetzen will.