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Leitartikel

Das Masernvirus existiert

Baden-Württemberg / Lesedauer: 2 min

Das Masernvirus existiert
Veröffentlicht:16.02.2016, 19:08

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Der Sieg des Virenleugners und Impfgegners vom Bodensee vor dem Oberlandesgericht Stuttgart wird die meisten Menschen verwundern, viele ärgern, wenige freuen. Es ändert aber nichts an der Tatsache: Das Masernvirus existiert, das ist umfassend bewiesen. Dennoch kann das Urteil eine schädliche Signalwirkung haben.

Dem Prozess um eine ohnehin bizarre Ausschreibung haftete trotz zahlreicher Erklärungen von Anfang an ein Missverständnis an: Nie ging es in dem Verfahren um die Frage, ob es ein Masernvirus gibt. Es ging immer um formaljuristische Fragen. Eben darum, ob jemand eine Antwort entsprechend den Vorgaben der Auslobung gefunden hat und damit berechtigt ist, das Preisgeld in Höhe von 100000 Euro einzustreichen. Das OLG hat diese Frage verneint, weil es sich eben nicht an Weltanschauungen orientiert, sondern an juristischen Kriterien. Das ist ein gutes Zeichen für den Rechtsstaat. Hätte das Gericht über den Geisteszustand des Impfgegners verhandelt, wäre es womöglich zu einem anderen Urteil gekommen. Denn – auch das bleibt nach dem Richterspruch – hinter dem Initiator der Auslobung und seiner Anhängerschaft steht eine krude und gefährliche Weltsicht.

Da wird eine „Neue Germanische Medizin“ propagiert, es wird unterstellt, die westliche Medizin basiere auf einem Plagiat. Da wird nicht nur das Masernvirus als Mythos hingestellt, sondern HIV und Ebola gleich mit. Ebola-Opfer, hieß einmal auf einem Vortrag des Mannes, seien wahrscheinlich an Durchfall gestorben. Zweifellos handelt es sich hier um pseudowissenschaftlichen Blödsinn und ein Geschäftsmodell, zudem ein zynisches. Auch in Deutschland sterben noch immer ungeimpfte Kinder an Masern, weltweit sind es jedes Jahr Abertausende.

Zu befürchten ist nun, dass die Impfgegner das Stuttgarter Urteil propagandistisch ausschlachten. Und dass sie damit Menschen beeinflussen, die ohnehin der Schulmedizin kritisch gegenüber stehen. Das ist höchst bedauerlich. Aber auch dies müssen Rechtsstaat und Gesellschaft aushalten können.