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Bürgerentscheid

CDU will weniger Bürgerentscheide

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Wolf gegen Mitsprache bei Bauleitplanung – SPD und Grüne fordern Worttreue ein
Veröffentlicht:06.10.2015, 19:04

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Noch auf der Zielgeraden gibt es neuen Streit um die neue Kommunalverfassung für Baden-Württemberg: Die CDU-Fraktion fordert in einem Brief von den anderen drei Landtagsparteien Korrekturen in Sachen Bürgerbeteiligung. Alle vier Fraktionen hatten im Dezember 2013 einen Kompromiss verabschiedet, den die CDU nun verändern möchte. Konkret geht es um die Frage, ob Bürgerentscheide die Bauplanung von Gemeinden künftig einfacher stoppen können.

Der Gesetzentwurf, der schon nächsten Mittwoch vom Landtag beschlossen werden soll, sieht vor, dass die Bevölkerung sich ein Vierteljahr lang mit Bürgerentscheiden gegen Leitplanbeschlüsse des Gemeinderats wehren kann. Das stellt CDU-Fraktionschef Guido Wolf nun in Frage. Den entsprechenden Punkt sollten alle Fraktionen „im Interesse der Kommunen“ gemeinsam streichen, schlägt er vor: „Die Ausweisung neuer Baugebiete beziehungsweise eine Änderung bestehender Bebauungspläne wird dadurch erheblich erschwert werden. Dies ist gerade in der aktuellen Situation hochproblematisch“, schreibt Wolf.

Alles auf dem Prüfstand

Die „aktuelle Situation“ ist die Flüchtlingskrise, in der schnell viel neuer Wohnraum benötigt wird. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte am Dienstag, in Sachen Baurecht stehe „alles auf dem Prüfstand“ und kündigte für Mitte Oktober einen Wohnungsgipfel an.

Für die CDU fällt unter die zu prüfenden Maßnahmen auch die Frage nach Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen. Damit greift die Partei Positionen des Gemeindetags auf, der seit Monaten gegen die Novellierung kämpft. Die Gemeinden im Land fürchten, dass die Dreimonatsfrist für Bürgerbegehren wie eine vierteljährliche Zwangspause für die Verwaltung wirke. Zudem stößt sich der Gemeindetag an den niedrigen Hürden: Für das Einreichen eines Bürgerentscheids reicht es, wenn sieben Prozent der Wahlberechtigten diesen einfordern. Erfolgreich wäre ein Entscheid, wenn jeder fünfte Wahlberechtigte abstimmt und die einfache Mehrheit davon ihn unterstützt. Im Extremfall reichen also elf Prozent der Stimmberechtigten, um ein Projekt zu stoppen. Und elf Prozent wären im Kampf um ein Flüchtlingsheim schnell erreicht, heißt es beim Gemeindetag.

Grüne erwarten worttreue CDU

SPD und Grüne halten den Schwenk Wolfs für „nicht zielführend“, heißt es in einer gemeinsamen Antwort der Fraktionschefs Edith Sitzmann (Grüne) und Claus Schmiedel (SPD) auf dessen Brief. Die Regierungsfraktionen erinnern den Kretschmann-Herausforderer daran, dass die Einigung von 2013 ein „nach langem Ringen erzielter ausgewogener Kompromiss, den auch Ihre Fraktion schlussendlich mitgetragen hat“, sei. Wenn die Bauleitplanung in Frage gestellt werde, müssten auch andere Teile des „Kompromisses erneut diskutiert werden“, schreiben Sitzmann und Schmiedel. Übersetzt: Kippt die Bauleitplanung, ist die gesamte Vereinbarung hinfällig.

„Wir erwarten von Guido Wolf, dass die CDU zu ihrem Wort steht. Jetzt bei einzelnen Punkten einen Rückzieher zu machen, zeugt von wenig Rückgrat“, sagt Edith Sitzmann unserer Zeitung. Sitzmann glaubt auch nicht, dass das Recht auf Bürgerentscheide den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge erschwere. Immerhin sei die vorläufige Unterbringung Sache der Landkreise – und Bürgerbegehren auf Kreisebene nach wie vor nicht zulässig. Für die Nutzung und Sanierung bestehender Gebäude in der Anschlussunterbringung brauche es zudem kein Bebauungsplanverfahren. Und Umnutzungen seien Sache des Bauordnungsrechts – und nicht der Bauplanung.