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Schulnote

Bei den Noten macht sich das Land locker

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Grün-Rot flirtet mit dem Abschied von den Zensuren – Für die CDU ein Armutszeugnis
Veröffentlicht:19.12.2014, 19:07

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Sind Schulnoten von „sehr gut“ bis „ungenügend“ noch zeitgemäß? Eine lange schwelende Diskussion erhält im Südwesten neue Nahrung: Denn das SPD-geführte Kultusministerium spricht sich in einer Antwort zwar für die Beibehaltung von Zensuren aus. Gleichzeitig lässt es aber klar erkennen, dass es sich durchaus andere Bewertungssysteme vorstellen kann.

So seien die Rückmeldungen der mittlerweile 214 Gemeinschaftsschulen über die dortigen „differenzierten Beurteilungen“ „sehr positiv und wertschätzend“, betont Ministerialdirektor Jörg Schmidt . Gemeinschaftsschulen arbeiten mit „Entwicklungsberichten“ und „Verbalbeurteilungen“. Nur in den Abschlussklassen oder auf Elternwunsch gibt es Zensuren.

„Derzeit“ keine Pläne

Ziffernnoten seien „eine Möglichkeit“, Leistungen darzustellen, heißt es. „In den letzten Jahren entwickeln sich jedoch zunehmend alternative Beurteilungsformen, die auch eine individuelle Bezugsnorm zulassen“, heißt es in Schmidts Antwort auf eine Anfrage der CDU .

Dort ist man ob dieses Lobes alarmiert. Der Bodensee-Abgeordnete Ulrich Müller sieht gar das leistungsorientierte Schulsystem samt des „Sitzenbleibens“ in Gefahr. Auf eine Anfrage Müllers hatte die Behörde von Kultusminister Andreas Stoch zwar klargestellt, dass man „derzeit“ keine Pläne verfolge, die Nichtversetzung zwischen fünfter und sechster Klasse abzuschaffen. Doch das „derzeit“ stört Müller ebenso wie der Satz, dass das Kultusministerium neben Noten „andere Formen der Leistungsbewertung“ für grundsätzlich sinnvoll erachtet.

Und das wird auch gerade getestet: Seit vergangenem Jahr testen zehn Grundschulstufen im Land, wie die „Grundschule ohne Noten“ funktioniert. Andere Bundesländer gehen da weiter: Im von SPD , Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) regierten Schleswig-Holstein können Grundschulen sich seit diesem Schuljahr zwischen Zensuren und Berichtszeugnissen frei entscheiden.

Leistungsbewertung statt Zeugnis

„Niemand muss, alle können“, sagt Schleswig-Holsteins Kultusministerin Britta Ernst (SPD) und liefert die Begründung gleich nach: „Eine differenzierte Leistungsbewertung kann dem Kind mit seinen individuellen Stärken und Schwächen besser gerecht werden“, glaubt sie. Im rot-grünen Niedersachsen steht Ähnliches im Koalitionsvertrag.

Müller will nun von der Landesregierung in Stuttgart wissen, wie sie das niedersächsische Modell einschätzt. Die CDU-Fraktion im Südwesten ist dagegen. „Wir halten das für absolut falsch“, sagt Müller. Klare und eindeutige Leistungsstandards seien wichtig. Nicht nur für Lehrer, Eltern und mögliche Arbeitgeber. Vielmehr für die Kinder und Jugendlichen selbst. Die Regierungspolitik sei „durchzogen“ vom Misstrauen gegen diesen Leistungsgedanken. Ein Armutszeugnis, findet Müller.

Die Mehrheit will Noten

Anders als Müller halten manche Bildungsforscher die Ziffern zwischen 1 und 6 nicht für besonders gerecht. Sie plädieren für detaillierte Leistungsberichte wie in der Gemeinschaftsschule – wo ihrer Meinung nach sechs Zahlen kaum die Vielfalt einer bunt gemischten Klasse wiedergeben können.

Die Mehrheit sieht das anders: In Umfragen sind vier von fünf Deutschen für Noten. Damit ist es im Land politisch wohl nicht durchsetzbar. Das Ministerium habe „zur Kenntnis genommen“, dass eine Mehrheit für die Beibehaltung der Notenvergabe ist, schreibt Jörg Schmidt in seiner Antwort an die CDU.