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Schwörsaal

Leutkirch gedenkt der Familie Gollowitsch

Leutkirch / Lesedauer: 2 min

Leutkirch gedenkt der Familie Gollowitsch
Veröffentlicht:29.11.2011, 16:30

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Sehr schnell sind am Montagabend die Sitzplätze im Schwörsaal restlos belegt gewesen. Groß war die Teilnahme der Bevölkerung an der Gedenkveranstaltung der Stadt Leutkirch und der Initiative „Orte des Erinnerns“.

Deren Vorsitzender, Hubert Moosmayer , zeigte sich überwältigt von diesem Interesse und erinnerte in seiner Ansprache an den 70. Jahrestag der Deportation von Lilly und Fritz Gollowitsch, die in der Frühe eines kalten, trüben und „normalen“ Kriegstages zum Bahnhof gebracht und von dort nach Stuttgart und dann nach Riga transportiert wurden. In der baltischen Stadt verliert sich ihre Spur, mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die Beiden dort erschossen worden. Sie sind damit ein kleiner Stein im menschenverachtenden, dunklen Mosaik der millionenfachen Judenvernichtung. Die Erinnerung daran wachzuhalten ist das Ziel der Initiative, so Moosmayer, der sich für die wunderbare Erfahrung vielfältiger Unterstützung von Einzelpersonen, Vereinen, Schulen und Institutionen bedankte.

Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle zeigte sich auch erfreut über die Teilnahme vieler Schüler an der Gedenkveranstaltung. In seiner Rede zitierte er hierzu ein Vermächtnis der Präsidenten der Häftlingsverbände aus dem Jahr 2009: Sie bitten darin gerade die jungen Menschen, „den Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzusetzen“. Das Stadtoberhaupt endete mit der Hoffnung, „dass wir immer die richtigen Schlüsse aus der dunkelsten Epoche unserer Geschichte ziehen“.

Eindringlich erinnerte daran auch die szenische Gestaltung durch eine Schülergruppe des Hans-Multscher-Gymnasiums und der Otl-Aicher-Realschule unter Leitung von Maria Dangel und Wiltrud Fach: Mit sprachlichen Bildern des Gedichts „Die Todesfuge“ von Paul Celan wurde die Deportation in ein Vernichtungslager dargestellt. Tiefe Betroffenheit lösten zudem zwei Hörspielausschnitte aus: In „Die Ermittlung“ von Peter Weiss wurde mit äußerstem Realismus das grausame Geschehen der Vergasung und Verbrennung widergespiegelt. Mit besinnlichen jiddischen Kompositionen sorgte ein Saxophon-Quartett der Stadtkapelle für die musikalisch würdige Gestaltung der Feier.

Beim abschließend gemeinsamen Gang zu den Stolpersteinen an der Karlstraße, am Gänsbühl und an der Marktstraße spielte es gleichermaßen eindrückliche Melodien. Diakon Rainer Wagner und Pfarrer Volker Gerlach sprachen an diesen Orten Psalmen aus dem Alten Testament.

Die Initiative „Orte des Erinnerns“ lädt am Sonntag, 12. Dezember, um 19 Uhr in den Bocksaal zu einer Begegnung mit Herrn Abba Naar, einem Überlebenden des Konzentrationslagers Dachau.