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Umstrittener Franzose für Brüssel

Politik / Lesedauer: 2 min

Gegen den früheren Finanzminister Pierre Moscovici als EU-Kommissar gibt es jede Menge Vorbehalte
Veröffentlicht:30.07.2014, 19:32

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Mit 37 Jahren Europaabgeordneter, mit 40 Europaminister und zuletzt zwei Jahre Finanzminister: Mit diesem Lebenslauf ist Pierre Moscovici ein guter Kandidat für einen EU-Kommissionsposten. Es war deshalb auch keine große Überraschung, dass der französische Präsident François Hollande seinen langjährigen Weggefährten jetzt als EU-Kommissar nominierte. Welches Ressort der Sozialist künftig in Brüssel leiten soll, schrieb Hollande allerdings nicht in seinem Brief an den neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker.

Denn der Staatschef weiß, dass „Mosco“ unter den EU-Kollegen umstritten ist – vor allem als künftiger Währungskommissar. „Wenn man ausgerechnet denjenigen französischen Finanzminister zum EU-Währungskommissar ernennt, der nichts zur Einhaltung des Stabilitätspaktes getan hat, dann ist das so, als ob man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollte“, kritisierte der Haushaltsexperte der Union im Bundestag, Norbert Barthle, im „Handelsblatt“.

Moscovici war es nämlich, der vor gut einem Jahr in Brüssel durchgesetzt hat, dass Frankreich einen Aufschub von zwei Jahren für die Sanierung seines Haushalts bekommt. Derjenige, der Frankreich noch länger zum Defizitsünder machte, könnte nun in der EU über die Haushaltsdisziplin der anderen wachen. Auch über den Sparkurs Frankreichs, das 2015 erneut das Defizitziel von drei Prozent verfehlen dürfte.

Symbol des Scheiterns

„Hollande zwingt Europa das Symbol des wirtschaftlichen Scheiterns Frankreichs auf“, kritisiert der konservative Abgeordnete Jean François Mancel die Nominierung. Die konservativen französischen Europaparlamentarier wollen deshalb gegen die Personalie stimmen. Zweifel an der Besetzung des wichtigen Postens des obersten Budgethüters mit einem Franzosen hatte auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angemeldet. Er spekulierte jüngst im Deutschlandfunk über die Reaktionen, „wenn eine solche Position in dieser Situation nun ausgerechnet mit einem französischen Kandidaten besetzt werden würde“. Das sollte allerdings kein Seitenhieb gegen Moscovici persönlich sein, „ein von mir hoch geschätzter Kollege“. Schäubles Zusammenarbeit mit dem Vorgänger von Finanzminister Michel Sapin galt immer als gut.

In Frankreich gilt der 56-Jährige als „brillanter Mann, überzeugter Europäer, aber mit einem etwas dilettantischen Ruf“, wie die Zeitung „Le Monde“ schreibt. Das will der Sozialist in Brüssel nun ändern. Dort könnte der Sohn eines rumänischen Einwanderers bei einer Blockade des Währungsressorts auch einen anderen Kommissionsposten übernehmen. Ein weiteres Szenario ist, Moscovici zu Junckers Vize zu machen und ihm die Verantwortung für die von den Franzosen so sehr beschworene Wachstumspolitik zu geben. Die Entscheidung fällt spätestens am 30. August.