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Chuck Hagel tritt überraschend zurück

Politik / Lesedauer: 2 min

US-Verteidigungsminister verlässt Obama-Kabinett
Veröffentlicht:24.11.2014, 20:35

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Noch vor zwei Wochen hatte Chuck Hagel einen Sprecher erklären lassen, dass er gedenke, zwei weitere Jahre im Amt zu bleiben. Am Montag stand er im prunkvollen State Dining Room des Weißen Hauses und hörte sich Lobeshymnen eines Präsidenten an, der soeben seinen Rücktritt verfügt hatte. Hagel sei ein alter Freund, zudem ein Republikaner, der die Interessen des Landes über die der Partei stelle. „Wir lassen Sie nur ungern ziehen“, sagt Barack Obama , als er dessen Abgang bekanntgibt.

Nach der offiziellen Darstellung soll Hagel bereits im Oktober, kurz vor der Kongresswahl , in vertraulichen Gesprächen von sich aus angeboten haben, zu gehen. Nach der inoffiziellen Version, gestreut von der „New York Times“, war es eher umgekehrt. Demnach wurde der Ex-Senator aus Nebraska zum Abschied gedrängt, demnach gilt er nicht mehr als der richtige Mann, um den im Sommer eingeleiteten Kurswechsel in Nahost zu begleiten. Andere gelten als geeigneter, etwa Michèle Flournoy, einst Vizeministerin im Pentagon, oder der demokratische Senator Jack Reed – beides Namen, die als potenzielle Nachfolger gehandelt werden.

Als Hagel vor 22 Monaten sein Amt antrat, holte ihn der Präsident als einen Skeptiker, der seit einer schweren Verletzung in Vietnam genau wusste, was Krieg bedeutete – das personifizierte Kontrastprogramm zu den Schreibtischkriegern der Ära George W. Bushs. Der ergraute Veteran passte zu Obamas neuer Bescheidenheit. Er sollte den Abzug der GIs aus Afghanistan abwickeln, und er sollte intelligent sparen in Zeiten knapper Finanzen. Nun aber, da Obama nach langem Zögern im Ringen mit dem „Islamischen Staat“ (IS) die Offensive sucht, scheint der ausgesprochen vorsichtige Stratege eher zu stören.

Opfer für Wahldebakel

Ausgerechnet der einzige Republikaner im Kabinett muss mit seinem Posten bezahlen für die schwere Niederlage, wie sie die Demokraten beim Kongressvotum am 4. November erlitten. Seit der demütigenden Schlappe orakelt die Gerüchtebörse von einer Kabinettsumbildung mit Signalwirkung, das heißt, im Kern der Administration.

Obama, glaubte man, könnte dem Beispiel seines Vorgängers Bush folgen und ein, zwei wichtige Ressorts neu besetzen. Auch unter Bush war es 2006 ein Verteidigungsminister gewesen, der burschikose, selbstverliebte Donald Rumsfeld, der nach einem Wahldesaster der Republikaner seinen Hut nehmen musste. Auch John Kerry, der Chef des State Department, gilt als eventueller Rücktrittskandidat.

Ein offenes Geheimnis ist jedenfalls, dass Hagel nicht zurechtkam mit einer Kultur des Regierens, bei der das Küchenkabinett des Weißen Hauses komplett das Sagen hat und Minister nicht viel mehr sind als Erfüllungsgehilfen beziehungsweise Aushängeschilder.