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Angst machen reicht nicht

Politik / Lesedauer: 2 min

Angst machen reicht nicht
Veröffentlicht:01.02.2015, 15:11

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Bernd Lucke hat sich durchgesetzt, doch die Frage, ob die AfD damit einen liberalen Kurs einschlägt und das Spiel mit Ressentiments und Ängsten unterlässt, ist damit noch lange nicht beantwortet. Der Parteitag in Bremen zeigte vor allem, dass die AfD sehr vielstimmig ist, dass Gemeinsamkeiten vor allem im Protest gegen bestehende Strukturen, gegen die Regierung und gegen den vermeintlichen Mainstream bestehen.

Ob es gegen das Freihandelsabkommen mit den USA oder zu viel Zuwanderung geht – das Spektrum ist groß, das Parteiprogramm noch nicht festgelegt. Und auch wenn die Grünen es – verständlicherweise – nicht gerne hören, erinnert manches an ihre Anfänge beim Marsch durch die Institutionen. Ermüdende Geschäftsordnungsdebatten begleiten den Aufbruch der AfD. Inhalte werden nachgeliefert. Bis jetzt tritt die Partei als Angst- und Unmutverschärfer auf, nicht aber mit Rezepten, wie sie die Politik konkret ändern will. Deshalb ist ungewiss, ob sie langfristig Bestand hat, wenn sich zeigt, dass sie die Heilserwartungen ihrer Anhänger auch nicht besser erfüllen kann als andere Parteien. Und wenn die Unterschiede zwischen Professoren, verängstigten Bürgern und rechtsgerichteten Nationalisten schärfer zu Tage treten.

Die etablierten Parteien müssen das, was da aufbricht, ernst nehmen. Erschreckend ist, wie viele Menschen sich von Politik und Medien abgekoppelt fühlen, wie tief das Misstrauen sitzt, wie ohnmächtig sich viele fühlen. Immer wieder hat man es in Bremen gehört: Politiker sind Menschen, die nie gearbeitet haben und nichts wissen, Journalisten werden von ihren Verlegern zensiert, die wiederum sind alle links – und die AfD-Anhänger werden immer und überall missverstanden.

Es ist schwer, da noch Lust an der Politik des Gehörtwerdens, wie ewta Winfried Kretschmann sie beschworen hat, zu empfinden. Aber es gibt keine Alternative. Dämonisierung hilft nicht, allenfalls das Gespräch. Das Geschäft beruht jedoch auf Gegenseitigkeit. Auch die chronisch Missverstandenen müssen zuhören.