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Politik / Lesedauer: 3 min

Annette Widmann-Mauz soll Vorsitzende der Frauen Union werden
Veröffentlicht:18.09.2015, 18:30

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120000 Frau stark ist die Frauen Union. Wenn sie am nächsten Wochenende in Kassel eine neue Vorsitzende wählt, gibt es wenig Zweifel daran, dass dies Annette Widmann-Mauz sein wird. Die 49-jährige Balingerin, Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium , steht in Baden-Württemberg schon seit 20 Jahren an der Spitze der Frauen Union.

Über Rita Süßmuth soll Helmut Kohl einmal gesagt haben, sie sei eine „Schreckschraube“. Süßmuth ist die wohl berühmteste Vorgängerin von Widmann-Mauz und hatte Kohl immer kräftig genervt. Mit Forderungen nach der Quote, nach mehr Demokratie. Das ist lange her, doch die Themen der Frauen Union haben sich nicht groß gewandelt. „Wir haben uns vorgenommen, pro Jahr den Frauenanteil in der CDU um ein Prozent zu erhöhen“, sagt Widmann-Mauz. Derzeit sind es 25 Prozent.

Sie will die Interessen der Frauen vertreten. Gleich, ob es Hausfrauen, berufstätige Frauen, Mütter oder Singles sind. Dass immer noch gelegentlich von Heimchen am Herd, von Rabenmüttern oder Quotenfrauen geredet wird, ist für Widmann-Mauz ein Indiz für den Handlungsbedarf, Vorurteile aufzubrechen. Widmann-Mauz selbst passte in das Schema einer Karrierefrau, träte sie nicht so unprätentios auf. „Die ist unglaublich gut sortiert“, heißt es in der CDU-Landesgruppe, kenne sich in der Gesundheitspolitik sehr gut aus. Widmann-Mauz ist seit 2009 Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium. Sie sieht gut aus, legt auch erkennbar Wert darauf und hat eine Schwäche für Schuhe – ihr Vater war mittelständischer Schuhfabrikant. Nicht jede Frau kann sich wie Widmann-Mauz damit entschuldigen, dass Schuhe „quasi in ihren Genen liegen“.

„Es kommt auf die Themen an“

„Annette Widmann-Mauz wird wichtig“ hatte eine Zeitung gemeldet, als sie ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz der Frauen Union bekanntgab. Ist die Frauen Union für die CDU wirklich ebenso wichtig wie etwa der Wirtschaftsrat, ist sie ebenso mächtig wie andere Gruppierungen? „Es kommt auf die Themen an“, sagt Widmann-Mauz, „wir sind sehr mächtig, wenn es zum Beispiel um die Durchsetzung der Interessen von Müttern in unserem Land geht. Ohne die Kampagnenfähigkeit der Frauen Union hätten wir die Mütterrente nicht durchgesetzt“, sagt Widmann-Mauz, die energisch für die Mütterrente kämpfte.

Unionsfraktionschef Volker Kauder gilt nicht gerade als frauenpolitischer Vorkämpfer. Doch Widmann-Mauz stellt ihm ein gutes Zeugnis aus. „Volker Kauder ist ein verlässlicher Partner in der Durchsetzung von einmal gefassten Beschlüssen.“ Und welche Beschlüsse will sie künftig durchsetzen? „Frauen in der rush-hour des Lebens zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie so zu verbessern, dass Frauen ihre Träume verwirklichen können“, sagt Widmann-Mauz. Aber natürlich sei auch die Entgeltgleichheit eine wichtiges Thema, insbesondere im Hinblick auf die soziale Absicherung von Frauen.

Frauen oft einig

Entgeltgleichheit, Quote, Kita-Ausbau, die Frauen im Bundestag sind sich bei Frauenthemen häufig parteiübergreifend einig. Für Widmann-Mauz zeigt dies vor allem, dass noch immer großer Handlungsbedarf besteht. „Und außerdem arbeite ich nicht in der Politik, um Gegensätze zwischen politischen Lagern um ihrer selbst Willen zu kultivieren, sondern um für Menschen gute Lebensbedingungen zu erreichen.“

Solch ein Satz ist typisch für die pragmatische Herangehensweise der Balingerin. Teamorientiert will sie sein, offen und neugierig auf das bleiben, was sich verändert. Sie selbst hat sich gewandelt, seit sie mit Anfang 30 im Jahr 2002 gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion wurde – und um Anerkennung erst einmal kämpfen musste.

In Horst Seehofers legendärer Spielzeugeisenbahn heißt der Tunnelzug Widmann-Mauz. Sie lacht. Ja, sie habe einst Seehofer eine HzL-Lok geschenkt, einen Wagen der Hohenzollerischen Landesbahn, einen sehr schönen sogar. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen um Bürgerversicherung und Gesundheitsfonds, also, wie Widmann-Mauz ironisch meint, „auf dem Höhepunkt der gegenseitigen Freundschaft“, habe er sie sozusagen in den Tunnel geschickt. „Eine spielerische Variante, die ihm im Leben nicht geglückt ist." Im Gegenteil. Widmann-Mauz wird als Frauenunions-Vorsitzende mächtiger denn je. Sie habe viel von Seehofer gelernt, sagt sie.