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Irrtum

Meinungsforscher von CDU-Debakel kalt erwischt

Politik / Lesedauer: 3 min

Meinungsforscher von CDU-Debakel kalt erwischt
Veröffentlicht:26.09.2017, 10:11

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Die überraschenden Wahl Trumps zum US-Präsidenten und das unvorhergesehene Brexit-Votum haben die Meinungsforscher in Erklärungsnot gebracht. Die Ergebnisse der Bundestagswahl trafen die Demoskopen dagegen relativ genau - mit einer Ausnahme.

Mit der Zuverlässigkeit von Wahlumfragen ist das so eine Sache. Wer kann schon genau wissen, wie sich der Wähler in der Wahlkabine entscheidet? Ändert er vielleicht spontan seine Wahlentscheidung, weil er sich ohnehin nicht traditionell an eine bestimmte politische Farbe gebunden fühlt? Unsicherheiten kann es da trotz ausgefeilter statistischer Methoden geben, weshalb die Meinungsforschungsinstitute ausdrücklich darauf verweisen, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt. Üblicherweise können die Ergebnisse noch um etwa 2,5 Prozentpunkte schwanken - in die eine wie in die andere Richtung.

Bei der Bundestagswahl lagen die Meinungsforscher zwischen einem und 1,5 Prozentpunkten daneben. Das ergibt eine Auswertung von Schwäbische.de. Betrachtet wurden jeweils die letzten Wahlumfragen vor der Wahl von Allensbach, Civey, Emnid, Forsa, Forschungsgruppe Wahlen, GMS, Infratest Dimap und INSA. Die geringste Abweichung über alle Parteien hinweg erzielte dabei das Institut INSA mit einer durchschnittlichen Abweichung von 1,04 Prozentpunkten. Die von ARD und ZDF genutzten Meinungsforschungsinstitute Infratest Dimap und Forschungsgruppe Wahlen kamen auf jeweils 1,13 Prozentpunkte.

Abrutschen der Union unterschätzt

Auch wenn die Wahlforscher also Ergebnis der Bundestagswahlen relativ genau vorhersagen konnten, offenbaren die Zahlen jedoch einen Schwachpunkt. Das starke Abrutschen der Unionsparteien war für keines der Institute  absehbar - CDU und CSU wurden durchweg zu positiv eingeschätzt. Im Durchschnitt lagen die Wahlforscher fast drei Prozentpunkte daneben, Infratest Dimap sah die Union sogar bei 37 Prozent. Die letzte veröffentlichte Wahlumfrage der ARD-Wahlforscher stammt allerdings auch schon vom 14. September.

Deutlich genauer lagen alle Meinungsforscher bei Linkspartei (0,6 Prozentpunkte Abweichung) und SPD (1,0 Prozentpunkte). Von fast allen Umfrageinstituten zu niedrig eingeschätzt wurde dagegen die AfD (1,6 Prozentpunkte Abweichung). Allein INSA sah die Neulinge im Bundestag bei 13 Prozent.

AfD schwierig einzuschätzen

Die AfD ist für Meinungsforscher aus zwei Gründen schwierig einzuschätzen. Zum einen spielt der Faktor "soziale Erwünschtheit" eine Rolle, wie der Friedrichshafener Sozialforscher Joachim Behnke bereits nach dem überraschenden  Ausgang der US-Wahl erläutert hatte . Heißt: Wenn Menschen glauben, dass ihr Verhalten von vielen anderen als eher negativ gesehen wird, geben jene, die sich so verhalten, das ungern zu – auch nicht in einem anonymen Telefoninterview. Selbst der Dienstleister Civey, dessen Umfrageergebnisse sich alleine aus anonymen Online-Befragungen speisen, schätzte die AfD 2,3 Prozentpunkte zu niedrig ein. Reine Online-Befragungen sind also nicht zwangsläufig genauer.  „Gewisse Leute bekommen wir gar nicht in die Stichproben, weil sie sich schlichtweg verweigern“, so Behnke damals .

Das ist allerdings nicht das einzige Problem der Meinungsforscher. Die etablierten Institute verwenden für ihre Wahlumfragen oft Rechenmodelle, die auf jahrelang gewonnenen Erkenntnissen beruhen. Schwierig wird es dann, wenn - wie jetzt bei CDU und CSU - diese Modelle nicht mehr oder bei jungen Parteien wie der AfD noch nicht zutreffen.