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Standardantwort

Kanzlerin der Reserve

Politik / Lesedauer: 3 min

Ursula von der Leyen strickt emsig an ihrer Polit-Karriere
Veröffentlicht:05.03.2015, 19:40

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Ursula von der Leyen winkt ab. Immer wieder, wenn sie danach gefragt wird. Ambitionen aufs Kanzleramt? Will die heute 56-jährige Nachfolgerin von Angela Merkel werden? Inzwischen hat sie sich eine Standardantwort zurechtgelegt. „In jeder Generation gibt es einen Kanzler. In meiner Generation ist das Angela Merkel“, bekräftigt von der Leyen Mal um Mal. Ein Satz, der ihr in der Hauptstadt allerdings kaum jemand abnimmt. Immer wieder fällt ihr Name in der Union, wenn es um die Frage geht, wer nach Merkel kommen soll. Vor gut einem Jahr ist von der Leyen Verteidigungsministerin geworden, kann sich hier für höhere Aufgaben empfehlen. Doch der Chefposten im Berliner Bendlerblock gilt als Schleudersitz. Von der Leyen will beweisen, dass man in diesem Amt auch erfolgreich sein kann.

Operation Röschen

Zwei Biographien heizen jetzt die Debatte über von der Leyens Wille zur Macht an. „Sie ist konservativ und modern, diszipliniert und unberechenbar, weltläufig und heimatverbunden. Und sie könnte Angela Merkel als Kanzlerin nachfolgen“, ist das Autoren-Duo Elisabeth Niejahr und Peter Dausend , beide Redakteure der Wochenzeitung „Die Zeit“, überzeugt. In „Operation Röschen“ beschreiben sie das „System von der Leyen“, ihre besondere Art der Selbstinszenierung. Von der Polit-Quereinsteigerin in Hannover, zunächst noch protegiert von ihrem Vater Ernst Albrecht, zur möglichen Merkel-Nachfolgerin – ein bemerkenswerter Aufstieg. Ulrike Demmer und Daniel Goffart, zwei Focus-Journalisten, charakterisieren von der Leyen als „Kanzlerin der Reserve“, die auf ihre Chance wartet und sich in Stellung bringt. „Ihre Popularität im Volk, ihre geballte Energie und Intelligenz, die langjährige Erfahrung in verschiedensten Ämtern sowie ihre Fähigkeit, auch international eine gute Figur zu machen“ würden sie aufzeichnen. Merkel habe von der Leyen bewusst „befördert“ und sie zur Verteidigungsministerin gemacht. „Sie selbst sieht das Ministerium als ein Stahlbad, als die ultimative Härteprobe“, analysiert Biograf Dausend. „Sie wusste im Vorfeld, dass es nicht einfach wird. Wie hart es tatsächlich wird, hat sie erst im Amt gespürt.“

Tritt Angela Merkel 2017 noch einmal an? Zieht sich die Kanzlerin vorzeitig zurück? Von der Leyen ist zurzeit emsig bemüht, im Verteidigungsministerium einen guten Job zu machen, Probleme von sich fernzuhalten, um mit möglichst weißer Weste dazustehen, wenn es eines Tages darauf ankommt. Wo möglich, gibt die Ministerin die Macherin, treibt öffentlichkeitswirksam sicherheitspolitische Debatten voran und mahnt eine größere Verantwortung Deutschlands in der Welt an. Das Familienministerium hat sie geführt, dann das Ressort für Arbeit und Soziales – das Amt als Bundesverteidigungsministerin ist die bisher größte Herausforderung ihrer Karriere. Das lästige Thema Rüstungsprojekte, das immer wieder zu Negativ-Schlagzeilen wegen Lieferproblemen, Verzögerungen und ausufernde Kosten führt, hat die Ministerin weitestgehend delegiert – an ihre Staatssekretärin und Vertraute Katrin Suder. Die frühere McKinsey-Beraterin versucht, von der Leyen den Rücken freizuhalten.