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Anwesenheitsliste

Hinter vorgehaltener Hand wird mit weiteren Abgängen gerechnet

Politik / Lesedauer: 2 min

Parteivorsitzende Petry kündigt Austritt aus der AfD an – Alexander Gauland und Alice Weidel zu Fraktionsvorsitzenden gewählt
Veröffentlicht:26.09.2017, 21:27

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Ihr Platz bleibt leer. Auf der Anwesenheitsliste am Eingang fehlt ihr Name. Während in Berlin erstmals die neue AfD-Fraktion zusammenkommt, schafft Frauke Petry in Dresden Klarheit. „Klar ist, dass dieser Schritt erfolgen wird“, bestätigt die Parteivorsitzende, dass sie aus der AfD austreten werde. Sie begründet den Austritt mit der „Radikalisierung“ in der Partei. Nur den Termin lässt die 42-Jährige offen. Zeitgleich kündigt ihr Ehemann Marcus Pretzell, bislang Fraktions- und Parteichef der AfD in Nordrhein-Westfalen, ebenfalls seinen Parteiaustritt an und begründet dies mit einer „pessimistischen Einschätzung über den Zustand der Partei“.

Die Nachrichten aus Dresden und Düsseldorf platzen in Berlin mitten in die konstituierende Sitzung der Bundestagsfraktion der Rechtspopulisten. Kaum einer, der dem Duo Petry/Pretzell nachtrauern würde.

Die meisten machen einen Bogen um die Kamerateams und Reporter, die vor den Türen des „Großen Anhörungssaals“ warten, in dem die AfD vorübergehend Quartier bezogen hat. Außer Petry sind alle gewählten AfD-Abgeordneten anwesend. Aufatmen bei Alexander Gauland und Alice Weidel, die künftig gemeinsam die Fraktion führen werden. Das Spitzenduo erhielt 80 von 93 Stimmen.

Auf den Gängen vor dem Sitzungssaal, wo die Abgeordneten ihr „Starter-Kid“ für den Bundestag mit Sitzungskalender, Parlamentsausweis und BahnCard erhalten, ist der Eklat um Petry das Topthema. Nicht einmal einen Tag habe Petry der AfD Zeit gegeben, ihren Wahlerfolg zu genießen, so eine verbreitete Sichtweise.

Holm geht auf Distanz

„Das war ein Rohrkrepierer“, distanziert sich Leif-Erik Holm, AfD-Chef aus Mecklenburg-Vorpommern, von Petrys Vorgehen. Holm zählte lange zu den Unterstützern der Parteivorsitzenden, unterzeichnete auch ihren „Zukunftsantrag“, mit dem sie beim Parteitag in Köln gescheitert war.

Hinter vorgehaltener Hand wird damit gerechnet, dass sich in den nächsten Tagen und Wochen durchaus noch weitere Mitglieder aus der Fraktion verabschieden könnten. Aber eine Massenbewegung wird nicht erwartet. Die Abgeordneten aus Petrys politischer Heimat Sachsen zählen eher zum ultrarechten Flügel der Partei, zu den Anhängern des umstrittenen Björn Höcke.

„Ich bin dankbar, dass sie diesen Weg gegangen ist“, reagiert Gauland am Abend auf Petrys angekündigten Parteiaustritt und zeigt sich zufrieden, dass dadurch ein Ausschlussverfahren vermieden werden könne.

Wie die AfD nach den aggressiven Wahlkampftönen nun im Parlament auftreten werde, wird Gauland draußen vor den Kameras gefragt. „Der Wahlkampf ist zu Ende. Wir wissen, dass wir eine große Verantwortung haben“, antwortet der 76-Jährige und verzichtet auf scharfe Formulierungen. Die Sprache im Wahlkampf sei eine andere als im Parlament.