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Mantra

Das Schweigen der Kanzlerin

Politik / Lesedauer: 3 min

Angela Merkel lässt weiter rätseln, ob sie eine vierte Amtszeit will – Entscheidung hängt wohl auch von CSU ab
Veröffentlicht:28.08.2016, 19:59

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Tritt sie 2017 noch einmal an? Angela Merkel lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Die Bundeskanzlerin bleibt bei ihrem zig-fach wiederholten Mantra. Sie werde „zum gegebenen Zeitpunkt“ entscheiden, kündigte Merkel am Sonntagabend im ARD-Sommerinterview an. In Berlin machen nun Spekulationen die Runde, Merkel zögere auch deshalb, weil sie sich der Unterstützung der Unionsschwester CSU nicht sicher sei.

Eigentlich habe sich Merkel im Frühjahr erklären wollen und dies wegen der Flüchtlingskrise und des Streits mit der CSU auf den Herbst verschoben. Nun plane sie, ihre Entscheidung erst im Frühjahr 2017 bekannt zu geben, berichtet der „Spiegel“. Informationen, für die es aus der Parteispitze keine Bestätigung gibt. Aus Regierungs- und Parteikreisen hieß es, die Kanzlerin werde ihre Entscheidung frühestens auf dem CDU-Parteitag im Dezember in Essen verkünden.

„Das Sommerloch ist doch vorbei“

In der CDU-Zentrale winkt man ab. „Die Menschen erwarten, dass wir uns um die Probleme kümmern. Das tun wir. Das Sommerloch ist doch vorbei“, reagierte Generalsekretär Peter Tauber. Tatsächlich ist die Ausgangslage für Merkel nicht leichter geworden: Der Konflikt mit der CSU über die Flüchtlingspolitik schwelt weiter. Merkels „Wir-schaffen-das-Kurs“ stößt bei den Christsozialen auf scharfe Kritik. Der Unmut an der CSU-Basis bleibt groß.

Mehrfach hat Merkel mit CSU-Chef Seehofer über die Aufstellung für den Wahlkampf 2017 beraten – auch in größerer Runde. Rückblende, 25. Juni 2016: In Potsdam treten Merkel und Seehofer vor die Presse. Der Auftritt zum Abschluss der Klausurtagung der Unionsspitzen findet einen Tag nach dem Brexit-Votum statt.

Als Seehofer gefragt wird, ob der britische EU-Austritt eine erneute Kandidatur Merkels zur Stabilisierung Europas nicht zwingend erforderlich mache, stört der CSU-Chef die Harmonie. Er könne die Frage nicht beantworten. „Wir befinden uns ein Jahr vor der Bundestagswahl“, sagt er. „Eine Europameisterschaft beginnt nicht mit dem Finale. Wir sind jetzt in der Gruppenphase und dann sehen wir weiter.“

Seehofer versucht, Merkel unter Druck zu halten, Kurskorrekturen zu erzwingen. Und er hält sich Optionen offen – etwa, selbst als Spitzenkandidat der CSU ins Rennen zu gehen und womöglich nach Berlin zu wechseln. Szenarien, über die in der Spitze der Christsozialen diskutiert werden. Doch wäre ein eigener CSU-Wahlkampf mit einem Spitzenkandidaten Seehofer ein beispielloser Affront gegen die Schwesterpartei CDU und ihre Vorsitzende.

Bisher hat die Kanzlerin nicht durchblicken lassen, ob sie sich entschieden hat oder nicht. Mancher hatte prophezeit, Merkel könne früher ihren Platz räumen. Doch dann kam die Flüchtlingskrise. Die Kanzlerin könnte ihre Mission als noch nicht erfüllt sehen und sich deshalb dafür entscheiden, noch einmal anzutreten, so eine Lesart. Geht es doch auch um ihren Platz in den Geschichtsbüchern. Als dreimal wiedergewählte Kanzlerin könnte sie mit Helmut Kohl gleichziehen.

Merkel wird von Parteifreunden nachgesagt, sie wolle es anders machen als ihre Vorgänger, die nicht freiwillig ausgeschieden waren. „Ich will nicht ein halbtotes Wrack sein, wenn ich aus der Politik aussteige“, hat die Kanzlerin einmal gesagt. 2021 – am Ende der nächsten Wahlperiode – wäre sie 67 Jahre alt.

In der SPD, die selbst noch nicht geklärt hat, wer für sie 2017 ins Rennen ums Kanzleramt gehen soll, werden die Debatten in der Union mit Spott verfolgt. „Uns ist egal, wer Kanzlerkandidat oder -Kandidatin der Union wird. Der Burgfrieden zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel hat nicht sehr lange gehalten“, sagte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel am Sonntag im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. „Die Chaostage gehen weiter, wenn die Union jetzt schon grünes Licht vom schwankenden Seehofer braucht, um die Spitzenkandidatin zu benennen.“