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Flüchtlingsbetreuung

„Im Moment ziehen wirklich alle an einem Strang“

Politik / Lesedauer: 3 min

„Im Moment ziehen wirklich alle an einem Strang“
Veröffentlicht:04.08.2015, 20:36

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Bei der Flüchtlingsbetreuung sollten Bund und Länder eine Verantwortungsgemeinschaft bilden, sagt Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die „ Schwäbische Zeitung “ hat mit ihm in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Ellwangen gesprochen.

Die Kommunen ächzen unter dem Ansturm der Flüchtlinge. Wenn es im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schneller ginge, würde das die Kommunen entlasten. Warum dauert es so lange?

Wir haben ja schon seit 2010, 2011 unsere Verfahren umgestellt. Ich habe allein bis zum 22. Juli über 136000 Asylentscheidungen gefällt. Im gesamten Jahr 2010 waren es nur 48000. Wir werden in diesem Jahr über 200000 Fälle bearbeiten. Die schnelleren Bescheide müssen allerdings auch umgesetzt werden, das müssen Länder und Kommunen machen. Nur gemeinsam können wir das stemmen. Der eine oder andere Bürgermeister mag denken, „Wenn ihr schnell entscheiden würdet, hätten wir keine Probleme“ - aber unser System ist ein bisschen komplizierter. Leider.

Etwa die Hälfte der Menschen in den LEAs kommen aus sicheren Herkunftsländern. Kann man mit denen nicht schneller verfahren?

Das ist ja der Plan. Wir haben seit dem 18. Juni eine Entscheidung der Ministerpräsidenten und der Bundesregierung , dass wir uns in den LEAs auf die Länder mit einer hohen Zugangszahl und einer geringen Bleiberechtsperspektive konzentrieren. Das wird jetzt in allen Ländern umgesetzt. Ziel ist, die Antragsteller nicht mehr aus den LEAs in die Kommunen zu verteilen, dazu muss das Bundesamt schnell entscheiden. Wir haben allein im Juli 5000 Anträge von Albanern negativ beschieden. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten so weitermachen, damit auch im Herkunftsland die Nachricht ankommt, dass Asyl kein Weg ist, um nach Deutschland zu kommen und auf Dauer hierzubleiben.

CSU-Chef Seehofer möchte Flüchtlinge vom Balkan gleich in andere Durchgangslager schicken.

Das ist im Prinzip genau der Beschluss, den alle Ministerpräsidenten am 18. Juni getroffen haben, nämlich die Konzentration der Antragsteller aus dem Westbalkan in den LEAs. Alle Länder tun dasselbe, nur bei Ministerpräsident Seehofer wird darüber diskutiert.

Es gibt politische Forderungen, dass die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung voll vom Bund getragen wird.

Es gibt Beschlüsse auch der Bundesregierung, dass sich der Bund im nächsten Jahr strukturell und auf Dauer an den Kosten beteiligen wird. Ob voll oder nicht, kommt am Ende darauf an, wie andere strukturelle Fragen geklärt werden. Eine volle Kostenerstattung würde ja auch bedeuten, dass der Bund von den Ländern einen konsequenten Vollzug verlangen kann. Denn warum soll der Bund Kosten übernehmen, wenn ein Land negative Entscheidungen nicht vollzieht?

Sehen Sie für die Zukunft eine Belastung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern?

Nein, im Moment ziehen wirklich alle an einem Strang. Es ist das Wort der Verantwortungsgemeinschaft geprägt worden, weil alle wissen: Entweder bekommen wir die Herausforderung gemeinsam gemeistert oder eben nicht. Hier kann einer nicht ohne den anderen.