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Regierungsrücktritt

Regierungsrücktritt in Frankreich: Präsident Hollande in Not

Politik / Lesedauer: 3 min

Der Rücktritt der französischen Regierung birgt für den Präsidenten große Risiken
Veröffentlicht:25.08.2014, 18:04

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Die französische Regierung ist zurückgetreten, Premierminister Manuel Valls soll schon am Dienstag seine neue Ministerriege vorstellen. Für Präsident Farncois Hollande ist das Umkrempeln des Regierungspersonals eine politisch heikle Angelegenheit.

Paris - Es ist ein absurdes Bild, das François Hollande abgibt. Im strömenden Regen steht der französische Präsident am Montagmorgen auf der bretonischen Insel Ile de Sein und gedenkt des Widerstands der Bewohner im Zweiten Weltkrieg. Knapp 600 Kilometer entfernt in Paris herrscht auch ein Unwetter – allerdings ein politisches. Denn Regierungschef Manuel Valls reichte nach nur knapp fünf Monaten den Rücktritt ein und soll nun ein neues Kabinett bilden. Die neue Regierung solle die Richtung verfolgen, die der sozialistische Präsident vorgegeben habe, heißt es im Elysée. Damit ist klar, wer dem Kabinett nicht mehr angehören wird: Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg.

Der eigenwillige Linksaußen hatte am Wochenende lautstark einen Kurswechsel gefordert, obwohl Hollande erst kurz vorher klargemacht hatte, dass er seine unternehmerfreundliche Politik fortsetzen will. Montebourg hatte mit seinen Forderungen scharfe Kritik an der Sparpolitik verbunden, die er als Diktat von Bundeskanzlerin Angela Merkel ( CDU ) ansieht. „Frankreich hat nicht die Absicht, sich nach den Obsessionen der deutschen Rechten zu richten", hetzte der Wirtschaftsminister.

Obwohl der smarte 51-Jährige als harter Kritiker Merkels bekannt ist, gingen diese Äußerungen der französischen Regierung zu weit. „Ein Wirtschaftsminister kann sich nicht so äußern, weder zum wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung noch zu einem europäischen Partner Frankreichs", hieß es am Sonntagabend aus dem Umfeld von Valls.

Sozialistische Rebellen

Die Tage des Ministers waren damit gezählt. Doch Montebourg steht mit seiner Meinung nicht allein da. Eine ganze Gruppe von sozialistischen Rebellen, die sogenannten „frondeurs“, fordert eine Abkehr vom Sparkurs und ein Ende der sozialliberalen Politik Hollandes. In der Regierung ist eine derart kritische Haltung allerdings nicht willkommen. Am Montag empfing der Premierminister jedes Regierungsmitglied einzeln, um von ihm den Treueschwur zu erhalten. „Die Regierung hätte riskiert, wie ein führerloses Schiff auszusehen, wenn sie zugesehen hätte, wie der Riss der ,frondeurs’ in der Regierung selber größer wird", schreibt die Zeitung „Le Monde".

Genau diesen Eindruck wollte der oft als entscheidungsschwach geschmähte Hollande vermeiden. Deshalb traf er sich gleich am Sonntagabend und dann noch einmal am Montagmorgen mit Valls, um über eine starke Reaktion zu beraten. Er selbst soll Valls den Rücktritt empfohlen haben. Allerdings wird das Führungsduo mit dem Rausschmiss von Montebourg das Problem nicht los. Denn der charismatische Politiker, der selbst gerne einmal Präsident würde, gibt sicher einen wortgewaltigen Sprecher der Rebellen ab.

Mutig gegen die Regierung

Die dürften also gestärkt aus der Regierungsumbildung hervorgehen und auch in der Nationalversammlung mutiger als bisher gegen die Gesetzesvorhaben der Regierung stimmen. Hollandes parlamentarische Mehrheit ist damit in Gefahr. Denn von den Grünen, die im April aus der Regierung ausschieden, stimmen nur einzelne für Hollandes Projekte. Und der Koalitionspartner, die Radikale Linkspartei, drohte ebenfalls damit, die Regierung zu verlassen.

Kein Wunder, dass der rechtspopulistische Front National (FN) bereits seine Stunde gekommen sieht. „Unter diesen Bedingungen ist es mehr als je notwendig, den Franzosen das Wort zu geben und die Nationalversammlung aufzulösen", erklärte FN-Chefin Marine Le Pen. Ihre antieuropäische, ausländerfeindliche Partei war bei der Europawahl stärkste Kraft geworden.

Und die Parteivorsitzende könnte laut einer Ende Juli veröffentlichten Umfrage sogar die erste Runde der Präsidentenwahl 2017 gewinnen. Hollande käme dabei nur auf magere 17 Prozent. Sein lange verfolgter Zickzack-Kurs ermüdet die Franzosen ebenso wie seine ungehaltenen Versprechen. So steigt die Arbeitslosigkeit jeden Monat weiter, obwohl der Sozialist den Trend schon zur Jahreswende umkehren wollte. Die Regierungsumbildung ist wohl Hollandes letzte Chance.