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Müller fordert Freigabe für palästinensische Bauvorhaben

Politik / Lesedauer: 2 min

Bundesentwicklungsminister kündigt bei Besuch mögliches Ende der Finanzierung an
Veröffentlicht:04.12.2016, 20:40

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Die Regenfälle sind schon wieder im Wüstenboden versickert. Nur ein wenig feuchter Lehm bleibt an den blanken Schuhen des Ministers haften, als er sich durch das Beduinendorf Chan al-Ahmar im Westjordanland führen lässt. „Für mich ist wichtig, die Realität zu sehen“, sagt Gerd Müller, in Berlin für wirtschaftliche Zusammenarbeit zuständig. Dazu gehört die Vorzeigeschule mit zwei Klassenzimmern, in der sich die Kinder drängen.

Eigentlich haben sie schulfrei, aber zu Ehren des Ministers sitzen die Kleinen frohgelaunt hinter den dicht an dicht gerückten Bänken. Müller revanchiert sich mit Fußbällen, einen drückt der CSU-Politiker zur emanzipativen Ermutigung einem Mädchen in die Hände. Und natürlich schaut er sich noch den mit Kunstrasen ausgelegten Spielplatz an. Alles Projekte, die ohne Zutun europäischer Länder und der Vereinten Nationen nicht zu finanzieren wären. Deutschland ist mit dabei. Das BMZ, die Müller-Behörde, unterstützt UN-RWA, die Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge, die auch in Jordanien, Libanon und Syrien arbeitet, allein in diesem Jahr mit 36,8 Millionen Euro.

Die letzte Etappe des Besuchs von Müller in Israel , Gaza und der Westbank macht allerdings deutlich, dass die eigentlichen Probleme nicht mit Geld zu lösen sind. Die Beduinen vom Jahalin-Stamm, die in 23 dörflichen Flecken zwischen Ost-Jerusalem und Jericho leben, kämpfen um ihr Bleiberecht. 1948 wurden sie aus dem Negev vertrieben, jetzt sollen sie wieder weichen. Jede der 26 Familien aus Chan al-Ahmar hat von Israels Militärverwaltung ein Bauverbot ausgehändigt bekommen. Mehrfach rückten bereits Bulldozer an.

Anklagend weist eine Beduinenfrau auf die Matratzen, die wieder mal nass geworden sind, „weil wir keine festen Unterkünfte bauen dürfen“. Auch deutsche Infrastrukturprojekte erhalten in den von Israel kontrollierten Gebieten – das sind sechzig Prozent des Westjordanlandes – seit 2015 keine Genehmigung mehr. „Wir warten noch die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen im Februar ab“, meint Müller. Premier Benjamin Netanjahu habe Fortschritte in Aussicht gestellt. „Ansonsten habe ich vor“, so Müller, „diese Projekte zurückziehen.“

Das wäre eine Abkehr von der EU-Linie, den Verbleib von Palästinensern in den Gebieten, in denen sich auch die jüdischen Siedlungen befinden, zu fördern, um die Option einer Zwei-Staaten-Lösung zu erhalten. Zu Müllers Realitätssinn scheint eher zu gehören, einen Konflikt mit Israel zu vermeiden. Er braucht die israelische Zustimmung, um die geplante Mülldeponie bei Nablus voranzubringen. „Die Palästinenser müssen der Gewalt abschwören, dann wird Israel auf sie zugehen.“

Mehr Erfolg hatte Müller derweil in Gaza, wo er den Grundstein für ein gigantisches Klärwerk legte. In zwei Jahren soll es die Abwässer von einer Million Bewohner reinigen, die auch die israelische Küste bedrohen.