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Unterhauswahl

May verliert Mehrheit - Rücktritt gefordert

London / Lesedauer: 3 min

May verliert Mehrheit - Rücktritt gefordert
Veröffentlicht:09.06.2017, 06:51

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Die konservative Partei von Premierministerin Theresa May hat nach Angaben der BBC die absolute Mehrheit im britischen Unterhaus verloren. Die Tories hatten am Morgen nach Auszählung fast aller 650 Wahlkreise dem Sender zufolge keine Chance mehr, die entscheidende Marke von 326 Sitzen zu knacken.  Labour-Chef Jeremy Corbyn forderte May zum Rücktritt auf.

Damit steht Großbritannien kurz vor Beginn der Brexit-Verhandlungen eine komplizierte Regierungsbildung bevor - entweder gibt es eine Minderheitsregierung, eine Koalition oder gar eine weitere Neuwahl.

May hatte die vorgezogene Wahl mit dem Ziel ausgerufen, die Regierungsmehrheit ihrer Partei im Unterhaus zu vergrößern und sich mehr Rückhalt für die Verhandlungen über den EU-Austritt zu schaffen. Ihr Herausforderer Jeremy Corbyn, dessen Labour-Partei stark zulegen konnte, forderte die Regierungschefin noch in der Nacht zum Rücktritt auf. Sie habe Stimmen, Sitze und Vertrauen verloren, sagte er. Das sei genug, um „zu gehen und Platz zu machen für eine Regierung, die wirklich alle Menschen dieses Landes repräsentiert.“

Eine erste Prognose nach Schließung der Wahllokale am Donnerstagabend hatte die Tories bereits als stärkste Kraft, aber ohne Regierungsmehrheit gesehen. Hochrechnungen im Lauf der Nacht korrigierten die Zahl der Sitze zwar etwas nach oben, die Marke von 326 Sitzen knackten die Konservativen aber zuletzt der BBC zufolge nicht. Die Liberaldemokraten, die von 2010 bis 2015 mit dem konservativen Premier David Cameron regiert hatten, schlossen eine Koalition und einen „Deal“ aus.

Als May im April die Neuwahl ausgerufen hatte, galt noch ein überragender Sieg mit einem Zugewinn von 100 Sitzen für die Tories als wahrscheinlich. Fehler im Wahlkampf und die Sicherheitsdebatte nach den Terroranschlägen in London und Manchester hatten die Premierministerin aber in Bedrängnis gebracht.

Ex-Finanzminister George Osborne, der unter May 2016 seinen Posten verloren hatte, stellte als einer der ersten Mays Zukunft in Frage. „Wenn sie ein schlechteres Ergebnis als vor zwei Jahren hat und fast keine Regierung bilden kann, dann bezweifle ich, dass sie auf lange Sicht Parteichefin der Konservativen bleiben wird.“ Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon bewertete Mays Ergebnis als Desaster. Nigel Farage von der rechtspopulistischen Ukip-Partei twitterte: „Die Konservativen brauchen einen Anführer, der an den Brexit glaubt.“

Der Chef der EU-feindlichen UK Independence Party (Ukip), Paul Nuttall, schaffte den Einzug ins Parlament nicht. Der 40-Jährige wurde in seinem Wahlkreis nur Dritter.

Die Partei der nordirischen Protestanten der DUP (Democratic Unionist Party) ist hingegen zu Verhandlungen mit den Konservativen bereit. „Natürlich werden wir mit ihnen (den Konservativen) über ihren Wunsch sprechen, eine Regierung zu bilden“, sagte DUP-Politiker Jeffrey Donaldson der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge. Bei der Parlamentswahl vor zwei Jahren hatte die DUP acht Sitze gewonnen.

Großbritannien hat ein reines Mehrheitswahlrecht. Um einen Sitz zu bekommen, müssen Politiker in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen holen. Kleine Parteien werden dadurch meist benachteiligt.