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Reformvorschlag

Macrons Schwung droht in der EU zu verpuffen

Politik / Lesedauer: 3 min

Gipfel befasst sich am Freitag mit den Reformvorschlägen des französischen Staatspräsidenten
Veröffentlicht:18.10.2017, 20:28

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Die Reformvorschläge von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron stehen beim EU-Gipfel am Freitag auf dem Programm. Die Streitfragen sollen dabei aber ausgeklammert werden. Viel kann der französische Präsident zu seiner Initiative eh nicht erwarten, denn mit Deutschland und Österreich sitzen zwei Länder am Tisch, die nach der Wahl noch keine neue Regierung haben. FDP-Chef Christian Lindner warnte vor Festlegungen in Brüssel. „Deutschland ist gegenwärtig nicht entscheidungsfähig“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Im Klartext heißt das, dass die Vorschläge Macrons auf die lange Bank geschoben werden. Der Schwung, auf den der 39-Jährige mit seiner engagierten Rede an der Pariser Sorbonne hoffte, droht zu verpuffen. Dabei hatte der frühere Wirtschaftsminister seine Ansprache eng mit Angela Merkel abgestimmt. „Was ich ihr hoch anrechne: Zu keinem Moment hat sie versucht, meinen Elan, meinen Eifer zu bremsen.“ Dabei sind unter Macrons Vorschlägen einige, die Merkel nicht passen. Zum Beispiel die zur Reform der Eurozone. Der 39-Jährige will ein eigenes Budget, einen Finanzminister und ein Parlament, das den Haushalt kontrolliert. Dass er das heikle Thema erst am Ende seiner Ansprache anschnitt, war eine Geste Richtung Berlin. Dennoch verhinderte er damit nicht, dass die Diskussion sich auf die Eurofragen begrenzte. „Man hat sich auf die Frage der Finanzierung eines Budgets der Eurozone eingeschossen, statt das Gesamtkonzept zu betrachten“, kritisiert Dominik Grillmayer vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg. Dennoch ist er zuversichtlich, dass von deutscher Seite Kompromissbereitschaft besteht. „Es ist im tiefsten deutschen Interesse, Macron nicht scheitern zu sehen.“ Wie es mit dem Reformprojekt weitergeht, soll ein Gipfel im Dezember zeigen.

Macron-Vorschlag: Bürgerkonvente

Die anderen Ideen Macrons hat EU-Ratspräsident Donald Tusk schon einmal geprüft. In seinem Einladungsschreiben für das Ratstreffen präsentierte er eine Light-Version von Macrons Projekt. Die EU müsse sich auf „praktische Lösungen für die wahren Probleme der EU-Bürger konzentrieren“, forderte er ganz im Sinne Macrons, der für mehr Effizienz plädiert. In der Frage eines Europas der zwei Geschwindigkeiten, das Tusk ablehnt, ging er einen Schritt auf den französischen Staatschef zu: Wenn es in Streitfragen keine Einigkeit gebe, könnten zumindest einzelne Staaten die Maßnahmen umsetzen „so, wie die Verträge es vorsehen.“ Macrons Vorschlag von Bürgerkonventen, die über die Zukunft Europas debattieren sollen, griff Tusk ebenfalls auf: „Wir sollten uns von neuen Ideen inspirieren lassen, wie über Europa diskutiert werden kann.“

Damit klammerte Tusk den zweiten Vorschlag Macrons für ein „demokratisches Europa“ aus: die länderübergreifenden Listen, die nach den Vorstellungen des Staatschefs schon bei den Europawahlen 2019 antreten sollen.„Das ist ein kompliziertes Thema“, räumte der Elysée bereits ein. „Das Europa, das wir kennen, ist zu schwach, zu langsam, zu ineffizient“, kritisierte Macron.