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Geschichtsbuch

Im populistischen Sturm

Politik / Lesedauer: 2 min

Im populistischen Sturm
Veröffentlicht:27.07.2016, 18:43

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Hillary Clinton schreibt sich in die Geschichtsbücher ein. Sie ist die erste Frau, mit der eine der beiden großen amerikanischen Parteien ins Duell ums Oval Office zieht. 240 Jahre nach Gründung der Republik sind die letzten Schranken gefallen. Sie hat ihn nachgeholt, den historischen Durchbruch, der ihr beim ersten Anlauf noch verwehrt blieb, weil Barack Obama als erstem Schwarzen im Weißen Haus ein mindestens ebenso historischer Durchbruch gelang.

Gleichwohl ist Clinton eben auch eine Symbolfigur jenes politischen Establishments, das in diesem Jahr einem populistischen Orkan trotzen muss. Seit gut einem Vierteljahrhundert steht sie in vorderster Reihe auf der großen Bühne der Politik. Es wäre absurd, ihr das zum Vorwurf zu machen. Aber genau das geschieht in diesem Wahlkampf, der sich so wenig an die Regeln des Anstands hält, wie es selbst in den Vereinigten Staaten mit ihrem im Vergleich zu Europa rauerem Ton lange nicht der Fall war.

Clintons ausgewiesene Sachkenntnis gilt auf einmal als Nachteil. Ihre Macherqualitäten werden von den Schrilleren unter den Republikanern als Beleg für ständige opportunistische Wendungen verkauft. Zwei Drittel der Wähler vertrauen ihr nicht. Dass sie nach ihrem Abschied vom Amt der Außenministerin mit allzu opulent dotierten Reden allzu schnell sehr viel Geld machen wollte, kommt nun wie ein Bumerang zu ihr zurück. Und dass sie keine begnadete Wahlkämpferin ist, hat sie selber schon eingeräumt. Die Lockerheit ihres Mannes Bill geht ihr ab, an das Charisma eines Obama reicht sie nicht annähernd heran.

Doch solche Defizite sind zu verschmerzen, wenn es ihr gelingt, neues Vertrauen zu wecken. Amerika kann innen- wie außenpolitisch eine lebenskluge Pragmatikerin sehr gut gebrauchen. In einem Satz, Hillary Clinton wäre wahrscheinlich eine gute Präsidentin. Auf alle Fälle wäre sie eine bessere als die dröhnende, egomanische, zum Hasard neigende Alternative namens Donald Trump. Nur ist es noch ein sehr langer Weg ins Weiße Haus.