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Interview

Für Brugger ist Dialog mit Polen die Lösung

Politik / Lesedauer: 2 min

Ravensburger Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger über deutsche Kritik an Polen
Veröffentlicht:11.01.2016, 19:52

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Die Ravensburger Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger wurde in Polen geboren, ehe sie mit ihrer Familie als Vierjährige nach Deutschland kam. Alexei Makartsev sprach mit der Grünen-Politikerin über die Abkühlung in den Beziehungen zwischen Warschau und Berlin.

Polens Außenminister führt die Verstimmung zwischen Deutschland und Polen auf „Kommunikationsprobleme“ zurück. Zu Recht?

Eine Regierung, die in so kurzer Zeit so viel Kritik der EU-Partner, aber auch der eigenen Bevölkerung auf sich zieht, sollte sich dringend fragen, ob sie sich auf dem richtigen Weg befindet. Die Entwicklungen in Polen, aber auch in anderen Ländern wie in Ungarn, sind mehr als kleine Differenzen, denn sie stellen zentrale europäische Werte in Frage. Wer nur Kommunikationsprobleme hat, der bestellt nicht gleich den Botschafter ein.

Was belastet heute das Vertrauen zwischen beiden Ländern?

Obwohl Deutschland und Polen eine jahrhundertelange, sehr schwierige Geschichte verbindet, waren diese zwei Staaten über die letzten Jahrzehnte hinweg - trotz einiger Differenzen - nicht nur wichtige Partner, sondern gute Freunde. Umso wichtiger ist es jetzt, berechtigte Kritik nicht von oben herab zu äußern. Am Ende sorgt man so für eine Verhärtung der Fronten, anstatt wieder zu gemeinsamen Lösungen zu finden.

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz , warnt Polen vor einer „gelenkten Demokratie“ wie in Moskau ...

... es wäre viel klüger, sich mit den aktuellen Protesten der Zivilgesellschaft in Polen zu solidarisieren, als mit solchen unzutreffenden und kontraproduktiven Vergleichen knackige Schlagzeilen produzieren zu wollen. Jemand wie Martin Schulz sollte wissen, dass solche Äußerungen und ein solcher Ton in erster Linie Wasser auf den Mühlen der Europagegner in Polen sind.

Hat man in Berlin die Entwicklung Polens falsch eingeschätzt?

Die zahlreichen Herausforderungen der EU von der Griechenlandkrise über die Flüchtlingsfrage bis hin zu den Entwicklungen im Mittelmeerraum lenken den Fokus seit Monaten auf andere Regionen. Das hat auch dazu geführt, dass man die Sorgen und Ängste vieler Menschen in Polen, die zum Wahlerfolg der PiS geführt haben, nicht wahrgenommen hat. Eine Freundschaft wie die deutsch-polnische muss jedoch immer gepflegt werden, denn sie ist zentral für Europa.

Wären mögliche Sanktionen gegen Polen der richtige Weg, um den EU-Partner zu mehr Rechtsstaatlichkeit zu bewegen?

Das Ziel muss sein, die Szydlo-Regierung zur Umkehr zu bewegen. Das versucht man erst durch Dialog und die bereits bestehenden Möglichkeiten wie den sogenannten Rechtstaatsmechanismus. Es hat wenig Sinn, nach Sanktionen zu rufen, die einstimmig im Rat beschlossen werden müssten, was völlig unrealistisch ist. Gleichzeitig müssen wir uns Gedanken machen, wie man den Instrumentenkasten der EU in solchen Fällen sinnvoll weiterentwickeln kann.