StartseitePolitikEU ringt um gemeinsame Verteidigungspolitik

Verteidigungspolitik

EU ringt um gemeinsame Verteidigungspolitik

Politik / Lesedauer: 2 min

EU ringt um gemeinsame Verteidigungspolitik
Veröffentlicht:27.09.2016, 19:24

Artikel teilen:

Europas Bürger eint derzeit wenig. Immerhin wünscht sich in Umfragen die große Mehrheit quer durch alle Mitgliedsstaaten mehr Sicherheit. Doch über die Zukunft der gemeinsamen Verteidigungspolitik bahnt sich in der EU eine schwierige Diskussion an. Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien warben am Dienstag im slowakischen Bratislava bei einem Ministertreffen für neue ambitionierte Gemeinschaftsprojekte. Großbritannien , so heißt es aus Paris und Berlin, könne nun ja nicht länger blockieren. Großbritannien kündigte jedoch an, trotz des geplanten EU-Austritts gegen den Aufbau einer starken europäischen Verteidigungsunion ankämpfen zu wollen.

Für eine europäische Armee gebe es keine Mehrheit in der EU, hatte Großbritanniens Verteidigungsminister Michael Fallon vorsorglich schon vor dem Treffen erklärt. „Wir werden weiterhin gegen jede Idee einer EU-Armee oder eines EU-Armeehauptquartiers sein“, sagte Fallon nun. Entsprechende Projekte würden Doppelstrukturen schaffen und die Nato untergraben.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht die europäischen Überlegungen positiv. „Solange dadurch keine Konkurrenzstrukturen zur Nato geschaffen werden, ist es gut für alle“, sagte der Norweger.

Bei Ebola-Krise langsam reagiert

Genauso bewertet das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Es gehe nicht um eine europäische Armee, sondern um „einen europäischen Pfeiler in der Nato“. Die Mitgliedsstaaten holten zu wenig aus den vorhandenen Kapazitäten heraus. „ Europa hat einen breiten Instrumentenkasten von zivilen und militärischen Instrumenten, wir sind aber zu wenig koordiniert“, kritisierte die Ministerin in Bratislava. So habe die EU zum Beispiel bei der Ebola-Krise viel zu langsam reagiert. Gemeinsam mit ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian schlägt sie den Aufbau eines mobilen Militärkrankenhauses und eines logistischen Zentrums für gemeinsame geplante Zivil- und Militäraktionen vor.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verdeutlichte ihren Standpunkt mit einer Zahl: Sämtliche EU-Staaten zusammengerechnet verfügten über 50 Prozent der US-amerikanischen Rüstungskraft, erreichten aber nur 15 Prozent der Schlagkraft. Und auch sie betonte, dass keine europäische Armee geplant sei. Schließlich habe nicht einmal die Nato eine eigene Armee.

Die EU-Verträge, auch da sind sich die Verteidigungsminister im Prinzip einig, müssen für keines der angestrebten Projekte geändert werden. Ein Blick in den seit 2007 geltenden Lissabonvertrag zeigt, dass der „gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ ein eigenes Kapitel gewidmet ist, das diese Form der Kooperation bereits vorwegnimmt. Die Realität hinkt also dem einstimmig beschlossenen Gemeinschaftsvertrag um Jahre hinterher.

Der EU-Vertrag sieht eine bisher nicht genutzte Möglichkeit vor, in kleineren Staatengruppen die EU-Verteidigung auszubauen. In den Artikeln 42 und 46 ist dafür die ständige strukturierte Zusammenarbeit vorgesehen. Nötig ist ein einmaliger Grundsatzbeschluss mit qualifizierter Mehrheit. Ihn könnte Großbritannien alleine nicht verhindern.