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„Die Mittelmeerroute muss geschlossen werden“

Schwarzach / Lesedauer: 5 min

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz erklärt seine Linie in der Flüchtlingspolitik
Veröffentlicht:19.07.2017, 21:06

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Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz spricht sich nachdrücklich dafür aus, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nicht mehr nach Europa zu bringen. Solange die Rettung im Mittelmeer mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden sei, „werden sich mehr und mehr Menschen auf den Weg begeben“, sagte Kurz im Gespräch mit Hendrik Groth, Claudia Kling und Sonja Schlingensiepen, Redakteurin der „Neuen Vorarlberger Tageszeitung“.

Sebastian Kurz krempelt als neuer Parteichef die konservative ÖVP um und gilt als Favorit für das Bundeskanzleramt in Österreich.

Herr Kurz, befragt nach Änderungen in der Partei hat der frühere ÖVP-Politiker

So viel, dass ich gar nicht genau weiß, wo ich anfangen soll. Es gibt einen neuen Parteichef, ein neues Führungsteam. Es wurden die Statuten geändert, so dass der Parteichef nicht mehr der ist, der von anderen im Hintergrund gesteuert wird, sondern wirklich Entscheidungskompetenz hat.

Was bedeutet das für Sie als Parteichef?

Ich kann mein Team und auch das Regierungsteam zusammenstellen. Wir treten bei der Nationalratswahl ganz bewusst als Bewegung an. Zum einen wird auf die Stärken der Volkspartei gesetzt. Zum anderen werden auch neue Persönlichkeiten an Bord geholt, die nicht Parteimitglied sind, aber verschiedene Kompetenzen mitbringen.

Können Sie schon sagen, wie sich das neue Wahl- und Parteiprogramm vom alten unterscheiden wird?

Ich kann sagen, was ich im Land verändern will. Am Programm wird derzeit gearbeitet. Dieses wird – ganz bewusst – nicht von Mitarbeitern der Bundesparteizentrale geschrieben. Ich gebe klar die Linie vor, nutze aber auch die Österreichgespräche. Das heißt, ich bin im ganzen Land unterwegs, um mit Praktikern, Experten und Betroffenen zu sprechen. Heute erst zum Thema Wirtschaftsstandort in einem großen Vorarlberger Technologiebetrieb.

Wie sehen die klar vorgegebenen Linien aus?

Es gibt drei große Themenfelder, die aus meiner Sicht zentral sind. Das eine ist der Bereich des Wirtschaftsstandorts. Das andere die Frage: Wie schaffen wir es, unser Sozialsystem wieder treffsicherer zu gestalten? Und zum dritten das ganze Thema der Migration.

Sie sind Top-Favorit für das Kanzleramt und könnten mit der

Ich finde es immer spannend, wenn versucht wird, Personen wie mich in gewisse Schubladen zu quetschen. Ich bin ein Pro-Europäer und Europaminister und werde weiterhin daran arbeiten, diese Europäische Union zum Positiven zu verändern. Und gerade weil ich Pro-Europäer bin, bin ich gegen massenhafte, illegale Migrationsströme nach Europa. Dieser Weg ist sinnvoll, aber vielleicht nicht ganz so leicht in eine Schublade zu schieben.

Die FPÖ ist ja doch relativ leicht in eine Schublade zu stecken.

Ich bin Parteichef der Volkspartei und nicht der FPÖ. Was mögliche Koalitionen angeht, ist zunächst einmal der Wähler am Wort. Über Koalitionen zu spekulieren, ohne zu wissen, welche Varianten überhaupt eine Mehrheit haben, davon halte ich nichts. Und was die FPÖ betrifft – es gibt derzeit Kontakte zwischen den Freiheitlichen und den Sozialdemokraten. Insofern deutet vieles darauf hin, dass die SPÖ versucht, nach der Wahl mit der FPÖ zu koalieren.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz

Was wurde vor zwei Jahren getan? Die Flüchtlinge wurden von Griechenland nach Mitteleuropa weitergewunken. Das war der Fehler. Das war das, was ich von Anfang an kritisiert habe. Es gibt kein Jahr, in dem Österreich weniger Flüchtlinge aufgenommen hat als Italien oder Griechenland. Die Medien berichten über ankommende Flüchtlinge oder Migranten in Italien und Griechenland. Es wird aber nicht dazugesagt, dass die Asylanträge ganz woanders gestellt werden – nämlich vor allem in Österreich, Deutschland und Schweden. Insofern kann ich es nicht mehr hören, wenn ständig gesagt wird, dass Italien und Griechenland alleine gelassen werden.

Sie fordern also eine konsequente Schließung der Fluchtrouten?

Ja. Solange die Rettung im Mittelmeer mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist, werden sich mehr und mehr Menschen auf den Weg begeben, die Schlepper verdienen gut, und mehr und mehr ertrinken im Mittelmeer. Die Mittelmeerroute muss geschlossen und die europäische Außengrenze gesichert werden.

Fühlen Sie sich als Österreicher von anderen europäischen Staaten im Stich gelassen?

Ich bin jemand, der kämpferisch ist, und ich versuche, das durchzusetzen, was ich als richtig erachte. Als ich 2015 gegen die Politik der offenen Grenzen eingetreten bin, wurde ich in Österreich und Europa kritisiert. Heute ist das „common sense“. Als ich die Westbalkanroute geschlossen habe, bin ich massiv gescholten worden. Heute sind alle froh, dass diese Route geschlossen ist. Als ich im April kritisiert habe, dass es zwar NGOs gibt, die eine gute Arbeit leisten, aber auch solche, die mit Schleppern zusammenarbeiten, gab es eine Riesenempörung. Jetzt sind wir dabei, Richtlinien zu beschließen, dass NGOs nicht mehr mit Schleppern kooperieren können.

Was ist Ihre Lösung ?

Hilfe vor Ort ausbauen und Menschen in einem zahlenmäßig verkraftbaren Ausmaß aufnehmen und gleichzeitig illegale Migration unterbinden. Das bedeutet, wer im Mittelmeer gerettet wird, darf nicht nach Mitteleuropa gebracht werden.

Sondern?

An der Außengrenze gestoppt, versorgt und zurückgeschickt werden. Aus meiner Sicht widerspricht das auch nicht der Genfer Flüchtlingskonvention.