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Schlosskonzert

Virtuose Wanderung durch Bachs Variationen

Kultur / Lesedauer: 2 min

Pianistin Claire Huangci zu Gast bei den Langenargener Schlosskonzerten
Veröffentlicht:07.07.2015, 18:10

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Johann Sebastian Bach und seine 30 Goldberg-Variationen haben bei den Langenargener Schlosskonzerten im Mittelpunkt gestanden. Trotz sommerlicher Temperaturen waren zahlreiche Zuschauer ins Schloss Montfort gekommen, um der amerikanischen Pianistin und mehrfachen Preisträgerin Claire Huangci bei ihrem schwierigen Programm zu lauschen. Nach der Pause setzte sie mit der vollgriffigen Chaconne in der Bearbeitung durch Busoni fort und zündete nach einem kurzen Ausflug zu Schubert noch ein Feuerwerk mit Liszt.

In den Goldberg-Variationen hat Bach eine ungeheure stilistische Vielfalt versammelt: Einer schlichten „Aria“, in der sich eine Melodie über acht langsam fortschreitende Bassnoten ausbreitet, folgen Tanzsätze, Kanons, musikalische Formen der Barockzeit in einem architektonisch ausgeklügelten musikalischen Bauplan. Am Schluss wird die „Aria“ wiederholt und es ist, als kehrte man von einer langen Reise zurück.

Das Besondere ist, dass die erwähnte Basslinie stets präsent bleiben sollte. In der Interpretation von Claire Huangci vermisst man aber genau diesen Bauplan, denn sie konzentriert sich viel mehr auf die Oberstimme der rechten Hand, auf die Verzierungen und Pralltriller, auf die fast koboldhaft aufspringenden Figuren oder die wie Nadelstiche gesetzten Terzenketten. Manchmal aber donnert sie die linke Hand dann so heraus, als hätte Tschaikowskys erstes Klavierkonzert Pate gestanden. Spieltechnisch brillant und ungeheuer virtuos gewiss, aber stilistisch fragwürdig – zumal ihr Spiel eher auf große Säle denn auf kleine wie den in Langenargen mit seinen knapp 200Sitzplätzen ausgerichtet ist.

Bei dem spätromantischen Klaviervirtuosen Ferruccio Busoni und seiner Bearbeitung der Bach’schen Chaconne für Solo-Violine ist der Tastendonner in die Komposition eingewoben, manchmal klingt es wie Orgelbrausen oder ein ganzes Orchester. Hier ist die zierliche und doch so energiegeladene Pianistin in all ihrer Virtuosität in ihrem Element, reiht sie Klangwellen und Tremolofiguren in großem Atem aneinander.

Zwei Impromptus von Schubert mit den vielstimmig fließenden Liedmelodien bieten ein wenig Entspannung, besitzen gleichwohl Kern, besonders in den Springbässen des zweiten Stücks, neigen bei ihr aber auch ein wenig zu salonhaftem Glitzerwerk.

Raserei zum Abschluss

Mit einer der ungarischen Rhapsodien von Liszt macht Claire Huangci schließlich die Klangfarben der Zigeunertonleiter und eines Cimbals lebendig. Besonders der erste Teil des Stücks besticht durch den erzählenden Duktus, das Ineinander von rhythmischem Maß und improvisatorischer Freiheit, bevor sich die Künstlerin mit den rasenden Tonwiederholungen eines Czardás und intensiv leuchtenden Klängen wieder in einen vielarmigen indischen Gott zu verwandeln scheint. Nach der Raserei zum Abschluss des offiziellen Programms verabschiedet sie sich mit zwei Scarlatti-Sonaten.