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Teuerste deutsche Serie: „Babylon Berlin“

Kultur / Lesedauer: 4 min

„Babylon Berlin“: Die bislang teuerste deutsche TV-Produktion startet am Freitag auf Sky
Veröffentlicht:11.10.2017, 19:37

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Es ist eine Premiere besonderer Art: Die aufwendigste deutsche Fernsehserie „Babylon Berlin“ startet am Freitag – allerdings vorerst nur auf dem Bezahlsender Sky, dann beim Streamingdienst Netflix. Erst in einem Jahr werden die 16 Folgen in der ARD gezeigt. Dabei stammen große Teile des 40-Millionen-Euro-Etats aus öffentlichen Mitteln. Doch ist dies nicht die einzige Besonderheit: Drei Regisseure – Tom Tykwer, Achim von Borries und Hendrik Handloegten – haben das Mammutprojekt mit 300 Sprechrollen nach dem Roman „Der nasse Fisch“ von Volker Kutscher in Szene gesetzt.

„Babylon Berlin “ ist der Versuch, Großserien wie „House of Cards“ aus den USA oder „Borgen“ aus Dänemark etwas Eigenes entgegenzusetzen. Wie lässt sich ein solches Projekt unter den hiesigen Bedingungen finanzieren? „Wir hätten den Film viel leichter finanzieren können, wenn wir ihn auf Englisch gedreht hätten,“ erklärt Achim von Borries. Aber die Macher wollten nicht Amerikanisches kopieren, sondern – „wie die Dänen“ (Borries) – einen eigenen Ton, eine eigene Sprache, etwas Unverwechselbares.

Globale Konkurrenz

Geplant und konzipiert wurde das Projekt von „X Filme“, der Berliner Firma, die Tom Tykwer mitgegründet hat und die seit den späten 1990er-Jahren zu den Großen im deutschen Filmgeschäft gehört. Eine Fernsehserie hat „X Filme“ noch nie produziert. Man holte den Münchner Weltvertrieb Beta Film mit ins Boot, dann die ARD und schließlich den Bezahlsender Sky. Dazu kamen die üblichen deutschen Förderinstitutionen. Ohne deren Plazet geht nichts in der durchregulierten deutschen Filmbranche, die sich gern Industrie nennt, tatsächlich aber so sehr am Tropf öffentlicher Subventionsgeber hängt wie das Fernsehen an den Gebühren.

Der offizielle Etat liegt bei gut 40 Millionen Euro. Damit handelt es sich um die teuerste nicht-englische Serie aller Zeiten. Wenn sie funktioniert, könnte sie die Art verändern, wie in Deutschland Fernsehen gemacht wird.

Man müsse umdenken und vertraute Mechanismen über den Haufen werfen, ist dieser Tage von vielen deutschen Fernsehverantwortlichen zu hören. Andernfalls werde man gegen die neuen globalen Konkurrenten Netflix und Amazon, die Haifische im Fernsehkarpfenteich, nicht bestehen können.

Trotzdem ist vor allem diese Zusammenarbeit zwischen Pay-TV- und öffentlich-rechtlichen Sendern umstritten. Christine Strobl, Geschäftsführerin der federführenden ARD-Degeto, verteidigte in einem Interview diese Entscheidung: Die Produktion einer deutschen Serie, die internationales Niveau hat, sei „nur möglich, wenn man bereit ist, neue Wege zu gehen. Das haben wir getan“. Die Hälfte des Etats werde von den Partnern finanziert. Strobl verweist auch darauf, dass das Geld im Produktionsstandort Deutschland verbleibe, nicht in Auslandseinkäufe fließe.

Eine andere Aussage der Degeto-Chefin lässt aufhorchen: „Eine Sendeminute von ,Babylon Berlin’ kostet uns ungefähr so viel wie die Sendeminute einer ,Tatort’-Folge.“ Eine Frage freilich wird sich die ARD gefallen lassen müssen: Warum hat sie das Abenteuer nicht allein finanziert? Schließlich ist für den „Tatort“ genug Geld da, selbst wenn die Folge nicht so teuer ist wie jene Actionreißer mit Til Schweiger. Möglich ist, dass die Fernsehverantwortlichen Angst hatten, das Projekt könnte misslingen und das Risiko auf mehrere Schultern verlagern wollten.

Auf einen Blick: Worum es in „Babylon Berlin“ geht

„Gereon? Komischer Name. Wo kommen Sie denn her? Aus dem Mittelalter?“ „Nein, aus Köln.“ Mit diesem Dialog beginnt die Bekanntschaft von Gereon Rath und Charlotte Ritter, den Helden von „Babylon Berlin“, im Berliner Polizeipräsidium. Die beiden, gespielt von Volker Bruch und Liv Lisa Fries, sind Polizisten und ermitteln in einem Fall, der politische Dimensionen bekommt. Die Serie zeichnet ein Bild der deutschen Gesellschaft im brodelnden Berlin des Frühjahrs 1929. Die erste deutsche Demokratie, die Weimarer Republik, steht kurz vor dem Zusammenbruch in der Weltwirtschaftskrise. Die NS-Diktatur dräut.

„Babylon Berlin“ will spannendes Entertainment sein, aber auch weniger Bekanntes wie den „Berliner Blutmai“ aus diesem kurzen Sommer der Moderne in Deutschland erzählen. „Ein Sittenbild im Gewand eines Polizeifilms“ nennt es Regisseur Hendrik Handloegten.

Soweit das nach den ersten Kostproben möglich ist, stellt „Babylon Berlin“ tatsächlich das Gegenteil des bekannten glatten Historienfernsehens dar. Denn dieser Stil des puritanisch Sauberen, moralisch Eindeutigen prägt ja selbst gute deutsche Serien – und macht sie so für ein jüngeres Publikum mit anderem Geschmack unzugänglich. (sus)Das brodelnde Berlin im Frühjahr 1929

„Babylon Berlin“ ab 13.10. freitags, 20.15 Uhr in Doppelfolge auf Sky 1. Parallel auch auf Sky Ticket, Sky Go und Sky On Demand verfügbar sowie zusätzlich wöchentlich die beiden nächsten Episoden als Preview verfügbar. Zusätzliche Ausstrahlungen der jeweils aktuellen Folgen auf Sky Krimi, Sky Cinema und Sky 1.