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Neu im Kino: „Spider-Man: Homecoming“

Kultur / Lesedauer: 3 min

„Spider-Man: Homecoming“ überzeugt mit Euphorie
Veröffentlicht:11.07.2017, 17:59

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Was für ein wunderbar doppeldeutiger Titel: Mit „Spider-Man: Homecoming“ bringt der große Comicverlag Marvel die Spinne unter den Superhelden nicht nur zu einem Schulball, sondern auch endgültig dahin, wo sie hingehört – in das seit fast zehn Jahren äußerst erfolgreich florierende Kinouniversum (Marvel Cinematic Universe, kurz MCU) seiner Comicverfilmungen. Die Filmrechte an der Figur lagen bislang bei Sony , aber nach der Einigung mit den Marvel Studios ist der Weg nun frei für den ersten eigenen Spider-Man-Film innerhalb des MCU. Regisseur Jon Watts („Cop Car“) ist ein launiges Leinwandabenteuer gelungen, das mit Frische und Euphorie manch inszenatorische Schwäche ausbügelt.

Peter Parker (Tom Holland) durfte sich an der Seite von Tony Stark alias Iron Man (Robert Downey jr.) bereits im Kampf gegen Captain America beweisen (was Kinogänger schon in „Civil War“ zu Begeisterungsstürmen hinriss). Nun wartet der Teenager auf weitere Abenteuer dieser Größenordnung. Doch sein Alltag ist eher geprägt vom Kampf gegen Kleinkriminelle und die eigene Schüchternheit, die es ihm schwer macht, seine Angebetete Liz (Laura Harrier) anzusprechen. Als er Verbrechern auf die Spur kommt, die mit außerirdischen Superwaffen hantieren, bemerkt Spider-Man, dass man sich als Superheld auch erbitterte Feinde schafft. Und es scheint, dass der hochgerüstete Vulture (Michael Keaton) ein übermächtiger Gegner für einen 15-Jährigen ist.

Schon der Anfang von „Spider-Man: Homecoming“ zeigt, dass Comicverfilmungen derzeit großen Spaß am Experimentieren haben. Die Geschehnisse aus „Civil War“ sehen wir hier noch einmal, allerdings aus der Perspektive von Peter Parker. Für den Schüler ist das Aufeinandertreffen der verfeindeten Avengers unglaublich aufregend, was der Einsatz einer Smartphonekamera im Selfie-Modus noch unterstreicht.

Vom emotionalen Ballast befreit

Bereits in dieser Eingangssequenz zeigt Tom Holland, dass er eine Idealbesetzung ist. Er ist innerhalb kurzer Zeit der dritte Spider-Man, und seinen direkten Vorgänger Andrew Garfield macht er sofort vergessen. Tobey Maguire spielte in Sam Raimis Spider-Man-Trilogie Anfang der Nullerjahre eine melancholische und nachdenkliche Version von Peter Parker. Das war grandios, doch der neue Spinnenmann wirkt wie vom emotionalen Ballast der Raimi-Reihe befreit. Kein getöteter Onkel Ben, keine Ermahnung, dass aus großer Macht große Verantwortung folgt. Stattdessen sehen wir einen Jugendlichen, der mit seinem besten Freund den Todesstern aus Lego nachbaut und erst noch ein Gefühl für seine Superkräfte bekommen muss. Nicht ganz so eindrucksvoll sind die Actionszenen geworden. So wirkt etwa eine Sequenz auf einer Fähre arg dick aufgetragen. Dafür wird an vielen Stellen Liebe zum Detail deutlich, etwa, wenn Spider-Man zu den Klängen der rasanten Punkhymne „Blitzkrieg Bop“ durch New York turnt: Die Ramones kamen aus dem Stadtteil Queens, genau wie Peter Parker.

Einen sehr guten Job macht Michael Keaton : Sein Adrian Toomes ist der Inhaber eines Unternehmens, das saubermachen darf, wenn die Superhelden ihre Schlachten hinter sich haben. Damit schlägt der Streifen die Brücke zum „Avengers“-Film von 2012, denn es sind die Trümmer der Alien-Invasion in New York, die seine Firma beseitigen muss, bevor Tony Stark diese Operation an sich zieht. Keaton verkörpert einen gekränkten Arbeiter, der sauer auf den reichen Oberschichtmilliardär Stark ist. Geradezu ironisch: Zuletzt persiflierte Keaton in „Birdman“ als abgehalfterter Filmstar noch seine eigene – reale und fiktive – Superhelden-Vergangenheit. Mit seiner Rolle als Fledermausmann in Tim Burtons „Batman“-Filmen schaffte er Ende der 1980er- Anfang der 1990er-Jahre den Durchbruch. Der gealterte Filmstar ist einer der besten Marvel-Bösewichte, und es wäre schade, wenn er nicht zurückkehren würde.

„Spider-Man: Homecoming“, Regie: Jon Watts, 133 Minuten, FSK: ab 12. Mit Tom Holland, Robert Downey jr., Marisa Tomei, Jon Favreau, Michael Keaton.