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Tragikomödie

Interview mit Uschi Glas zu den 68ern

Kultur / Lesedauer: 4 min

Uschi Glas wurde mit „Zur Sache, Schätzchen“ zum Star – Sie erinnert sich an wilde Zeiten und an harte Arbeit.
Veröffentlicht:04.01.2018, 20:13

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Wilde Zeiten waren das damals, 1968. Partys, Diskussionen und Revolte. Uschi Glas war mittendrin mit dem Film „Zur Sache, Schätzchen“. Die Tragikomödie mit Werner Enke , inszeniert von der damals 26 Jahre alten May Spils, machte Uschi Glas in der Rolle der Barbara berühmt. Vor allem eine Szene sorgte für Aufsehen: Wie sie sich auf dem Polizeirevier auszieht und am Ende nur noch im weißen Korsett dasteht. Warum sie das wilde Leben damals nicht voll auskosten konnte, erzählt die Schauspielerin im Interview mit Cordula Dieckmann.

Wie haben Sie „Zur Sache, Schätzchen“ in Erinnerung?

Es war ein bisschen chaotisch. Wir haben schwarz-weiß gedreht, weil wir kein Geld hatten für einen Farbfilm. Es waren wirklich schwierigste Bedingungen. Als die Premiere war, hat man aber gespürt, dass das ein Bombenerfolg sein wird.

Wie viel Herzblut steckte in dem Film?

Sehr viel. Ich habe das damals gegen den Willen meiner Agentur gemacht. Und gegen den Willen von Horst Wendlandt, bei dem ich unter Exklusivvertrag war. Aber ich habe gesagt, wenn ihr es mir nicht erlaubt, mache ich es trotzdem.

Der Film hat einen Nerv getroffen.

Zu der Zeit gab es viele kritische Filme, die todernst waren. Bei „Zur Sache, Schätzchen“ ist die Story eigentlich auch ziemlich hart. Und trotzdem hat man es hingekriegt, dass man lacht. Es hatte eine Leichtigkeit. Und die Sprache! Es gibt heute noch Leute, die alles zitieren können.

Was war das Aufregendste an dem Dreh?

May und Werner waren ganz andere Leute als die, die ich bis dahin kennengelernt hatte. Einfach verrückt, richtige Schwabinger. Ich habe auch in Schwabing gewohnt, aber ich musste immer arbeiten und mein Geld verdienen. So ein laisser-faire-Leben hat es bei mir nicht gegeben, weil ich keine Unterstützung hatte. Ich musste mein Leben immer selber zahlen. Meine Eltern hätten mir was erzählt, wenn ich gesagt hätte, dann will ich auch mal ein bisschen in Schwabing rumhängen und das Leben vorbeiwandern lassen. Das war ausgeschlossen.

Sie waren also die Bodenständige?

Für Werner und May war ich ein junges Mädchen, das mit beiden Beinen im Leben steht. Den Werner hat auch total fasziniert, dass ich einen Führerschein habe. Das waren so Diskussionen, wo ich mir gedacht habe, aus welchem Meer taucht der denn auf? Ich bin auf dem Land groß geworden. Um dich zu befreien, musstest du einen Führerschein haben. Bevor ich 18 war, hatte ich schon meine Fahrstunden gemacht und die Prüfung bestanden und habe genau zu meinem 18. Geburtstag diesen Führerschein in Händen gehabt. Da konnte ich mich in ein Auto setzen und einfach losfahren. Das war eine Befreiung.

Werner Enke, May Spils und Sie kamen aus verschiedenen Welten.

Wir waren total ungleich. Ich mochte Werners Geschichten wahnsinnig gerne, und er mochte meine Geschichten. In dieser Weise waren wir total verschieden. Ich die Praktische, auch die Pünktliche natürlich. Wenn es hieß, 8.30 Uhr Drehbeginn, bin ich auch fertig mit meiner Maske und bin angezogen, und beim Werner ist das eher nicht so der Fall gewesen. Aber ich muss dazu sagen, wir sind noch heute gut befreundet, May, Werner und ich.

War damals alles etwas wilder als heute?

Die 68er-Jahre waren eine wilde Zeit. Ich musste immer arbeiten, das war klar. Dann habe ich irgendwann angefangen, Schauspielunterricht zu nehmen. Aber ich musste schon diszipliniert sein. Einfach mal alle fünfe gerade sein lassen, das konnte ich mir nicht leisten. Mitgefeiert und mitdiskutiert habe ich aber schon, das war ja auch die Zeit der großen Diskussionen.

Vermissen Sie diese Jahre?

Das kann ich schwer sagen. Ich tu' mich schwer, dass man denkt, meine eigene Jugend war die tollste, und heutzutage gibt es das alles nicht mehr. Es war wild und toll, in jeder Weise. Wenn du heute so feiern würdest, wie wir damals gefeiert haben, das könntest du heute nicht mehr machen. München war eine wilde Stadt, aber das ist 50 Jahre her. München hat sich kolossal verändert, Gott sei Dank. Ich liebe diese Stadt. Ich freue mich so, wenn ich längere Zeit nicht da war und wieder zurückkomme.