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Bildwelt

Das Unbewusste - hier wird’s Ereignis

Kultur / Lesedauer: 2 min

Doppelausstellung der Künstlerin Rita De Muynck in Überlingen
Veröffentlicht:23.07.2014, 16:55

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Wölfe springen einen an, schwarze Todesvögel stoßen herunter – wild sind die Träume in Rita De Muyncks expressiver, explosiver Bildwelt und doch keine Alpträume. Der Wolf kann Bedrohung und Verheißung zugleich sein. Auch der „Himmel der Kühe“ ist erst nach der Massenschlachtung im BSE-Fieber erreicht.

Gleich zwei Ausstellungen führen in Überlingen in die archaischen Seelenräume der in Flandern geborenen Künstlerin. Die Idee zur Doppelausstellung mit rund 200 Exponaten kam von Kulturamtsleiter Michael Brunner, der in der Städtischen Galerie unter dem Titel „Unter die Haut“ Bilder und einzelne Objekte prähistorischen Exponaten aus Afrika und Polynesien gegenüberstellt, die Rita De Muynck zusammen mit ihrem Mann Rüdiger Ullrich gesammelt hat. Parallel dazu zeigt Michael Walz bei „walz kunsthandel“ kraftvolle Schlüsselwerke aus dem Rotkäppchen-Märchenzyklus sowie sogenannte Tages- und Nachtzeichnungen, die unmittelbar nach dem Erwachen entstehen und einen Traum der Nacht festhalten, mystische wie humorvolle.

Zum Humus zurück

Das Unbewusste hat Rita De Muynck schon immer interessiert. Vor ihrem Kunststudium hat sie in Psychologie promoviert. Sie spürt den Archetypen nach. Um sie zu ergründen, versetzt sie sich in Trance. Dieses nicht ästhetisierte „Zum Humus zurück“ ist für sie der Grundgedanke jedes Expressionismus. Eine 20 Meter lange Wandinstallation in der Städtischen Galerie versinnbildlicht den Grundgedanken, dass alles und alle im All zusammenhängen, einander begegnen, dass die Evolution Arten zusammenführt, um Neues zu schaffen. So stellt sie Initiationsmasken aus dem Kongo neben eigene Bilder von Masken: Gasmasken ebenso wie Burkas oder NS-Uniformen. In ihrem Triptychon „Der Himmel der Kühe“ geht sie Grausamkeiten an Rindern nach, ihre „Wutkuh“ sucht nach dem gekeulten Kälbchen. Mit „kleinen Kreaturen“ bevölkert sie den ersten Raum. Hier fallen vor allem die „Fatschenkinder“ ins Auge, straff gewickelte Kleinkinder, die so an jeder Fortbewegung gehindert wurden und noch immer werden. Die Ihrigen sind fröhlich, denn sie wickeln sich aus, befreien sich, schweben schließlich als luftige Drahtobjekte an der Decke. Sie sind erlöst wie die Märchen-Traumfiguren bei Walz. Denn Rita De Muyncks „Rotkapp“ ist stark, ist wiedergeboren durch die Begegnung mit dem Wolf.

Öffnungszeiten: Städtische Galerie Überlingen , Di-Fr 14-17 Uhr, Sa und So 11-17 Uhr,

walz kunsthandel (Bahnhofstraße 14) Mo-Fr 11-13 und 15-18 Uhr sowie Sa 11-16 Uhr. Beide Ausstellungen laufen bis 2.November. Zu den Ausstellungen ist bei Hirmer der großformatige, reich bebilderte und sehr informative Band „Rita De Muynck – Unter die Haut“ erschienen.