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Debütalbum

Blues Pills im Interview

Kultur / Lesedauer: 5 min

Die schwedische Retrorockband Blues Pills und ihr zweites Album
Veröffentlicht:29.07.2016, 17:44

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Mit ihrem Debütalbum hat die schwedische Rockband Blues Pills vor zwei Jahren mächtig Staub aufgewirbelt: Das Quartett gilt als eine der Retrorock-Hoffnungen der Gegenwart. Am Freitag, 5. August, erscheint nun „Lady in Gold“ (Nuclear Blast) und dürfte der Band noch mehr Türen öffnen. Im Gespräch mit Daniel Drescher erzählen Sängerin Elin Larsson und Gitarrist Dorian Sorriaux , warum Tod und Schmerz das Album dominieren – und wie die neuen Sixties-Vibes dazu passen.

Lasst uns über den Tod reden: Die titelgebende„Lady in Gold“ symbolisiert ihn schließlich. Was hat es damit auf sich?

Elin: Es ging uns um einen Perspektivwechsel. Wenn man an Gott und den Tod denkt, hat man ja eigentlich Männer vor Augen. Wir wollten, dass es mal eine Frau ist. Dabei hat mich auch die Serie „ American Horror Story “ inspiriert. In der zweiten Staffel gibt es da diese Frau, den schwarzen Engel. Sie kommt und nimmt dich mit auf die andere Seite.

Ist das Album von persönlichen Verlusten geprägt?

Elin: Nein, glücklicherweise nicht.

Dieses Jahr sind bereits prominente Musiker wie Lemmy und David Bowie gestorben. Die Illusion, dass Rock ’n’ Roller ewig leben, ist erschüttert. Was fasziniert euch an dieser Musikrichtung?

Elin: Rock ’n’ Roll gibt mir mehr, weil er mehr mit mir zu tun hat. Vergleicht man ihn mit Mainstream-Pop, sind die Texte tiefsinniger. Es geht nicht nur um banale Dinge, so nach dem Motto „Wir tanzen und alles ist bestens“. Und was Leute wie Lemmy angeht: Das sind Legenden, und ihre Musik wird immer weiterleben. Die Texte und Sounds werden dich immer daran erinnern, wie du sie zum ersten Mal gehört hast und was sie in deinem Leben für eine Rolle gespielt haben. Also sind sie auf eine Art doch unsterblich.

Habt ihr beim Aufnahmeprozess dieses Mal etwas anders gemacht?

Dorian: Wir waren mit unserem Produzenten Don Alsterberg im gleichen Studio wie fürs Debüt. Aber das Schreiben der Songs und die Aufnahmen waren etwas anders. Wir gingen mit Ideen ins Studio, aber nicht mit fertigen Stücken. Dort haben wir die Lieder dann ausgearbeitet, darum hat es länger gedauert. Es war durchaus anstrengend, weil wir davor und danach getourt sind, aber das Resultat ist gut geworden.

Elin: Ja, diesmal konnten wir auch mehr ausprobieren, wir hatten nicht so den Zeitdruck. Experimente sind heutzutage Luxus, es geht ja immer um Geld und Zeit.

Das hört man dem Album an. „I Felt A Change“ könnte auch ein vergessener Song aus den 1960er-Jahren sein, das sind neue Facetten in eurem Sound, die da anklingen.

Elin: Bei diesem Song war ich mir gar nicht sicher, ob er für die Blues Pills geeignet ist. Ich hab ihn zu Hause geschrieben und dann ins Studio mitgebracht.

Gibt es Ideen für andere musikalische Experimente in nächster Zeit?

Elin: Ich denke, auf diesem Album sind wir schon vielfältiger als auf unserem Debüt. „Gone So Long“ ist etwa sehr jazzig. Wir werden abwarten, wie die Songs ankommen und wie sie auf Tour funktionieren. Für uns persönlich und als Band ist es wichtig, unterschiedliche Stile auszuprobieren.

Euer Debüt hat euch viele Türen aufgestoßen. Was erwartet ihr von eurem Zweitwerk?

Dorian: Man weiß nie, wie die Leute auf neue Musik reagieren. Vielleicht haben Plattenfirmen mehr Erwartungen als wir. Wir versuchen einfach, die beste Musik zu machen, die wir machen können. Und wir hoffen, dass es den Leuten gefällt. Eine ausverkaufte Show ist schön für uns, aber man weiß nie, wie die Dinge sich entwickeln.

Elin: Ich versuche auf dem neuen Album, noch mehr mit meiner Stimme zu spielen und mehr Facetten einzubringen. „You Gotta Try“ ist mein Lieblingslied auf der Platte, und das kann man auch hören. Wir freuen uns, den Song live zu spielen.

Die Songs drehen sich viel um Schmerz und Verlust, um Beziehungskrisen und Trennung. Was hat es damit auf sich?

Elin: Ja, wenn dir jemand das Herz bricht, kannst du dich entweder im Leid suhlen oder du verarbeitest es in einem Song.

Beim Cover-Artwork scheint ihr eine Vorliebe für nackte Frauen und den Mond und die Sonne zu haben... Debüt und Zweitling ähneln sich da stark.

Elin: Marijke Koger-Dunham hat das in den 1960er-Jahren gemalt, es war ursprünglich schwarz-weiß, für uns hat sie es koloriert. Sie ist inzwischen über 70 und malt immer noch, sie hat mit so vielen legendären Künstlern gearbeitet, von den Beatles bis zu Cream. In meinen Augen ist sie eine historische Person.

Ihr kommt aus Schweden – ein Land, aus dem viel gute Musik kommt. Was mögt ihr, könnt ihr Bands empfehlen?

Elin: In vielen anderen Ländern ist es wesentlich schwieriger, Profimusiker zu werden. Hier gibt es schon in den Schulen einen Schwerpunkt. Und wenn man in einer Band spielt, bekommt man Unterstützung vom Staat. Es ist viel einfacher, voll ausgestattete Probenräume zu mieten. Empfehlenswert ist die Band November, ihre Musik ist heavy und richtig gut.

Festivals: 20.8. Dinkelsbühl, Summer Breeze 11.+12.11. Weissenhäuser Strand, Metal Hammer Paradiese (u.a. mit Apocalyptica, Saxon, Schandmaul, Anvil). Auf Tour mit Kadavar: 14.10. München, Tonhalle; 21.10. Ludwigsburg, MHP-Arena.