Kultur
Bewegend: The King’s Singers in Weingarten
Kultur / Lesedauer: 3 min
Die King’s Singers zu Gast in Oberschwaben. Ihr Name leitet sich vom King’s College in Cambridge ab, an dem dieses A-cappella-Ensemble 1968 gegründet wurde. Das Programm der weltweit bekannten sechs Stimmen aus Großbritannien erwärmte am Sonntagabend die Herzen der Zuhörer im dicht besetzten Kirchenschiff – wenn auch der eisige Lufthauch in der Basilika sich davon nicht beeindrucken ließ.
Bereits die Idee, jeweils eine kurze Sequenz aus dem Gregorianischen Gesang mit Musik aus fünf Jahrhunderten zu kontrastieren, bannte die Aufmerksamkeit. Mit dem „Pater noster“ zogen sie aus dem hinteren Chorhaupt vor den Altar und waren gleich deutlich zu hören: eine fantastische Akustik, wie geschaffen für solch ein Ensemble.
Dem Sakralbau erwiesen die King’s Singers ihre Reverenz mit einem Programm aus geistlicher Musik und sprangen in der Zeit munter hin und her: von William Henry Harris (1883-1973) zu Heinrich Schütz, William Byrd und Hans Leo Hassler – alle drei Meister der Renaissance und des Frühbarock. Dann wieder ging es zu den Modernen Maurice Duruflé, Bob Chilcott oder John Taverner und zurück zu Henry Purcell.
Ruhepunkte zwischen den kurzen Stücken setzte die Gregorianik. Mal zu sechst, oder auch nur zu viert, wussten die zwei Countertenöre David Hurley und Timothy Wayne-Wright, Tenor Julian Gregory, die Baritone Christopher Bruerton und Christopher Gabbitas sowie Bass Jonathan Howard die unterschiedlichsten Kompositionen mit luzider Virtuosität zu durchdringen und jeder einzelnen eine persönliche Interpretation angedeihen zu lassen.
Wunderbar gelang das bei Byrds „Haec dies“, wo der fein ausziselierte Wechselgesang im Echo nach hinten und wieder nach vorne wanderte oder bei Duruflés „Notre Père“, in dem die Stimmen geradezu untrennbar dicht beieinanderlagen. Ein ganz besonderer Eindruck war das Dankgebet „Önnis on inimene“ des estnischen Komponisten Cyrillus Kreek (1889-1962), das der sehr helle Countertenor David Hurley – er ist bereits seit 25 Jahren Mitglied des Ensembles – als erste Stimme sang, während die Kollegen einen Hintergrund aus „Halleluja“ formten. Mit Stravinsky und Orlando di Lasso, dessen sanftmütiges „Ad te levavi oculos meos“ ergreifend verinnerlicht erklang, und dem „Amen“ des Zeitgenossen Orlando Gibbons beschloss das Ensemble den ersten Teil.
Spirituals neu interpretiert
Stephan Debeur übernahm an der Gabler-Orgel mit der Sonate VI d-moll über den Choral „Vater unser im Himmelreich“ von Mendelssohn Bartholdy das Zwischenspiel zum Neubesinnen für Geist und Ohr. Denn dann boten die Singers noch etwas ganz Anderes aus ihrem riesigen Repertoire: Volkslieder, Traditionals und Spirituals aus den USA, Frankreich, Deutschland, Finnland – charmant auf Deutsch moderiert von Bass Jonathan Howard . Und dass diese Experten auch teilweise sehr bekannte Lieder wie „Down by the Riverside“ ganz eigen gestalten würden, war jedem schon vorher klar.
Am Ende gab es noch eine Zugabe, welche alles andere fast in den Schatten stellte: Zoltán Kodálys unter die Haut gehendes „Gebet eines Soldaten“. David Hurley sang die Solo-stimme und wurde von den anderen wie ein Kammermusikensemble summend begleitet, das zum Ende hin fast unhörbar verklang. Ein bewegendes Konzert.